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Berlin: Das Zugpferd fehlt – die FDP kämpft ums Wählerinteresse

Die FDP ist im Stadtbild präsent: Markus Löning, der Spitzenkandidat, lächelt freundlich von vielen Plakaten. Guido Westerwelle lächelt von nicht so vielen Großplakaten.

Die FDP ist im Stadtbild präsent: Markus Löning, der Spitzenkandidat, lächelt freundlich von vielen Plakaten. Guido Westerwelle lächelt von nicht so vielen Großplakaten. Im Gespräch mit Wählern sieht man keinen der Kandidaten. Und in der Partei haben viele das Gefühl: „Wir kommen nicht durch.“ Die FDP stagniert bei 7 Prozent. So sagt etwa Mieke Senftleben, die Reinickendorfer Direktkandidatin: „Von uns hört man zu wenig.“

Auch Wahlkampfmanager Horst Krumpen sieht das so. „Das ist immer das Problem“, sagt er. „Wir haben damit gerechnet.“ Erfahrungsgemäß gebe es im Wahlkampf eine Phase, in der die Leute mit den Liberalen rechnen, sich aber nicht für sie interessieren – so, als gelänge die FDP wie von selbst in den Bundestag.

Die liberalen Kandidaten nehmen zweierlei wahr: Arbeit, Steuern, Wirtschaft sind die Wahlkampfthemen, darum geht es den Leuten. Aber sie interessieren sich weniger für die Positionen der FDP zu diesen Themen, in denen die Liberalen doch besonders kompetent sein wollen.

Die zweite Wahrnehmung, die „gefühlte Realität“, wie Spitzenkandidat Löning sagt: Die Bürger erwarten, dass es in ein paar Wochen eine neue Bundesregierung geben wird. Aber sie erwarten offenbar nicht unbedingt, dass es eine schwarz-gelbe Regierung sein wird.

So stehen die Wahlkämpfer der FDP vor der Aufgabe, für den Machtwechsel zu werben und zugleich darauf hinzuweisen, dass Finanz- und Steuerpolitik nicht automatisch Sache eines von der Union gestellten Ministers sein sollten. Sie müssen das schwarz-gelbe Bündnis hochreden, aber ein paar Zweifel an den Ankündigungen der Union streuen.

Mieke Senftleben tut dies vorzugsweise, wenn es um die Mehrwertsteuererhöhung geht, die Angela Merkel angekündigt hat. Sie höre dazu von vielen die Aufforderung: „Haltet durch!“ – die FDP will keine Steuererhöhung. Wenn auch nicht ganz sicher ist, ob Westerwelle an der Mehrwertsteuerfrage eine Koalition scheitern lassen würde, bietet das Thema der Wahlkämpferin Senftleben die Chance, für die Steuerpläne der FDP zu werben. Die ist mit ihrer schlanken Einkommenssteuervariante schon etwas länger auf dem Markt als die CDU mit dem Professor und ehemaligen Verfassungsrichter Paul Kirchhof.

Ihre Pankower Parteifreundin Gabi Heise hört die Frage: „Stiehlt euch die CDU die Schau?“ Sie weise dann darauf hin, dass sich Union und Liberale in vielen Punkten einig seien, sagt sie. Doch bleibt das Gefühl, nicht im Zentrum dieses Wahlkampfs zu stehen. Das starke Image fehlt. Löning bedauert, dass die FDP nicht mit Begriffen wir „modern“ und „Reform“ in Verbindung gebracht wird – dass sie nicht als Korrektiv zum „überkommenen Gesellschaftsbild“ der Union wirke.

Mag sein, dass im Berliner Wahlkampf das Fehlen eines großen liberalen Sympathieträgers besonders auffällt. Günter Rexrodt hatte einen guten Namen in der Stadt – Westerwelle kommt nicht an. Die Berliner FDP verzichtet also auf große Personality-Shows. Als einzige Großveranstaltung ist die Feier des 60. FDP-Geburtstags am Freitag geplant. Wahlkampfmanager Krumpen setzt zudem auf zwei neue Wellen, in denen mögliche Wähler mit Flyern und Postkarten mobilisiert werden sollen. Eine lange Nacht der Politik kurz vor der Wahl soll die Bürger mitten in Berlin auf die Liberalen aufmerksam machen. Die FDP ist klein, aber sie gibt sich konditionsstark.

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