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Berlin: Dauereinsatz auf der Schiene

Im April brannte es bei der Parkeisenbahn Wuhlheide. Doch die Nachwuchseisenbahner geben nicht auf

Vorneweg ruckelt die kleine gelbe Lok mit den roten Rädern, den schicken Salonwagen und den offenen Sommerwagen im Schlepptau. Alle Wagen sind gut besetzt. Ein kleiner Junge ruft begeistert „Eisenbahn“ und hält seine Nase in den Fahrtwind. Kontrolleure, Schrankenwärter und Zugführer gehen fleißig ihrer Arbeit nach. Erst ein genauerer Blick auf die teils viel zu großen Uniformen zeigt das Besondere: Die Parkeisenbahn Wuhlheide wird von über 160 Kindern und Jugendlichen ab elf Jahren betrieben.

Am 21. April allerdings, einem Samstag, ließ ein Anruf um sechs Uhr morgens Dirk Henschke um die Zukunft der kleinen Eisenbahn fürchten. Es brenne im Betriebswerk, wurde dem ehrenamtlichen Geschäftsführer mitgeteilt. Drei Wagen fielen dem Brand zum Opfer, vier weitere wurden stark beschädigt. Die Polizei fand Brandbeschleuniger, was auch Brandstiftung nahe legt. Das Betriebswerk ist durch einen drei Meter hohen Zaun gesichert, darüber spannen sich noch einmal vier Lagen Stacheldraht. „Wer da rüber will, muss schon viel kriminellen Ehrgeiz mitbringen“, meint Henschke zerknirscht.

Doch aufgeben wollen die Eisenbahner nicht. Die Fahrgäste sollen so wenig wie möglich von den Folgen des Unglücks merken. Deshalb fährt derzeit alles, was fahrbar ist. Der Salonwagen wird eigentlich nur alle vier Wochen eingesetzt – nun ist er im Dauereinsatz. Schließlich bleiben die Fahrgelder die Haupteinnahmequelle.

Bei der Berliner S-Bahn und bei der Deutschen Bahn wird derzeit geprüft, wie man dem kleinen Betrieb weiterhelfen kann. Auch Privatleute engagieren sich. Ein fünfstelliger Betrag sei bereits innerhalb einer Woche zusammengekommen, sagt Henschke. Überdies kommen in dieser Woche Gutachter, die sich den Schaden an den drei Wagen anschauen wollen. Auch hier gibt es Grund zur Hoffnung. Die Rahmen der Wagen sind weitgehend intakt geblieben.

Einen historischen Güterwagen wollen die Helfer, soweit möglich, in Eigenregie wieder herrichten. Andre Kohlrusch steht im Blaumann vor dem Wagen aus dem Jahr 1910 und kann schon wieder lachen. Er ist bereits seit 30 Jahren dabei, angefangen hat er mit elf Jahren bei der Pionierbahn. „Jetzt können wir wenigstens endlich die Beleuchtung anbauen“, sagt er optimistisch. Kabel hängen von der Decke des Güterwagens, man sieht, hier wird fieberhaft gearbeitet.

Für Henschke ist diese Tat noch immer völlig unverständlich. Von 1985 bis 1990 studierte er in Dresden Eisenbahnsicherungstechnik. Seit 1990 ist er ehrenamtlich bei der Parkeisenbahn aktiv, hauptberuflich arbeitet er an Eisenbahnprojekten für ein Berliner Ingenieurbüro. Die Schiene ist sein Leben, aus seiner Tätigkeit zieht er auch viel für sich selbst. „Wenn ich sehe, mit welcher Begeisterung die Kleinen das machen, das ist einfach schön“, sagt er und deutet auf die Kinder, die in historischer Uniform der Deutschen Reichsbahn die Tickets der Fahrgäste kontrollieren.

Die Bahn wurde 1956 als Pionierbahn gegründet. Nach der Wende dann in Berliner Parkeisenbahn umbenannt. In 51 Jahren absolvierten 5000 Jugendliche die Ausbildung. Selbst der Kripobeamte, der am Unglückstag die Aussagen aufgenommen hatte, erzählte, dass er mal dabei war. Nachwuchs, der die über 60 000 Fahrgäste im Jahr sicher über die Schiene bringt, soll natürlich auch weiterhin akquiriert werden – zum Beispiel über die Sommerkurse, für die am 15. Mai Anmeldeschluss ist. Ganz groß dürfen die Kleinen dann zwar noch nicht einsteigen, aber sie kommen dem Traum der meisten Nachwuchseisenbahner immer näher: „Das Ziel von vielen ist Lok zu fahren. Dafür muss man aber 18 sein“, sagt Henschke.

Für eine Rundfahrt zahlen Erwachsene drei, Kinder zwei Euro. Am Wochenende fahren die Bahnen alle 15 Minuten, wochentags alle 30 Minuten. Anschluss bekommt man über die S3, Haltestelle Wuhlheide oder über die Tram 27, 63 oder 67. Die Parkeisenbahn bietet auch Sonderfahrten an. Infos unter: 53 89 26 -0.

Matthias Jekosch

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