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Berlin: Dauernd Manhattan, einmal Berlin

Er ist oft eingeladen worden – er kam nie. Nun hat ein kleiner Konzertveranstalter Woody Allen und Band in die Hauptstadt geholt

Kaum, dass sich Dieter Trojan darüber klar geworden war, wen er da an Land gezogen hatte, war er schon wieder platt. Als er nämlich erfuhr, was für eine Gage Woody Allen und seine New Orleans Jazz Band verlangen. Trojan sagt nicht, wie hoch sie ist, nur: „Da bleiben für den Konzertveranstalter nicht mehr als die berühmten paar Mark fuffzig übrig.“ Dieter Trojan ist der Konzertveranstalter. Seine Agentur ist ein Ein-Mann-Betrieb, er macht fast alles selbst, muss keine Angestellten bezahlen.

Woody Allens Filme gehörten einst zum Standardprogramm der Berlinale. Kein Filmfest ohne ein neues Werk von ihm, besucht hat er Berlin aber trotzdem nicht. Allen schwänzte die Filmfestspiele sogar 1975, als ihm die Jury einen Ehren-Bären für sein Gesamtwerk verlieh. Allens Wegbleiben hat niemanden überrascht, schließlich ließ er auch die Gala zur Oscar-Verleihung sausen, auf der ihm gleich mehrere Auszeichnungen übergeben werden sollten. Am selben Abend war er nämlich zum Klarinettespielen verabredet, in seiner Heimatstadt New York.

Jetzt kommt Woody Allen doch noch in die Stadt. Am Sonntag fliegt er zusammen mit seiner Frau und seinen beiden Adoptivkindern für einige Stunden ein, um ein Konzert zu geben. Auf der Bühne sitzt er dann zusammen mit den sechs anderen Musikern, mit denen er auch in New York jeden Montag Musik macht – der New Orleans Jazz Band. Seit er 15 ist, spielt der 68-Jährige Klarinette. Die Band gibt es seit 1971. Wenn Woody Allen wie jetzt in Europa dreht, dann ist manchmal Zeit für Auftritte außerhalb des angestammten Café Carlyles in der Madison Avenue in Manhattan. Für Allen sind diese Konzerte Entspannung. Er hat einen Tag frei während seiner Dreharbeiten? Dann plant sein Management ein Konzert – und immer ist der Saal voll.

Dass er in Berlin sein wird, hat also Dieter Trojan organisiert. „Ich hatte bei einer Hamburger Agentur angerufen, die mit ihm zusammenarbeitet, und gesagt, Mensch, das wäre doch mal toll, wenn der in Berlin auftreten würde“, sagt er. „Zwei Monate später kam ein Rückruf: Okay, er kommt. Ich war platt.“

Trojans Konzertagentur „Eierschale“ist ein Überbleibsel des seit dreieinhalb Jahren geschlossenen Jazz-Clubs gleichen Namens im Landhaus Dahlem. Das Lokal gibt es noch, es steht aber leer, nur Trojan hält mit seinem Büro im ersten Stock die Stellung. Er hat Louis Armstrong und Duke Ellington hier gesehen, wie sie nach ihren Konzerten in der Deutschlandhalle für drei, vier Stunden herkamen, um – flankiert von Whiskyflaschen – bis in den frühen Morgen zu spielen. Oder Udo Jürgens, im Jahr 1978. Der hatte sich so über die Flasche Champagner gefreut, die ihm das Haus spendierte, dass er mit der Band am Abend spontan ein paar Songs spielte, anschließend eine Lokalrunde ausgab und ins Gästebuch schrieb: „dies ist ein ehrenwertes Haus“ – in Anlehnung an eines seiner populärsten Lieder. Das Gästebuch mit Goldschnitt verwahrt Dieter Trojan in Ehren. „Goldene Zeiten waren das“, sagt er.

Das Tempodrom mit seinen 3000 Plätzen ist fast ausverkauft. „Normalerweise möchte Woody Allen nur in einem überschaubaren Rahmen spielen, möglichst in einem nicht zu großen Theater“, sagt Trojan, „hoffentlich bekommt er keinen Schock.“ Einen solchen auszukurieren, bliebe Woody Allen in Berlin auch keine Zeit. Kurz nach dem Konzert wird er mit seiner Familie zum Flughafen Tempelhof chauffiert, um wieder nach London zum Dreh aufzubrechen. Damit ist auch klar, wann der erste Besuch Woody Allens in der Stadt zu Ende sein wird. Dieter Trojan: „Kurz vor zehn am Abend, bis dahin muss er wegen des Nachtflugverbots den Berliner Luftraum verlassen haben.“

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