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Überbreiter Werbeanhänger, der am Roseneck in einer von der Firma selbst beim Ordnungsamt beantragten Ladezone dauergeparkt wurde, samt Gefahr für Radfahrer.

© Leserfoto

Dauerparkendes Ärgernis in Berlin: Schleppt eure Anhänger weg!

Firmen, die ihren Fuhrpark an Straßen abstellen, womöglich noch zu Werbezwecken, missachten den öffentlichen Raum. Die Bezirksämter sollten Beschwerden der Bürger darüber ernstnehmen.

Von Markus Hesselmann

Der Fall war selbst für hiesige Verhältnisse dreist: Sich für mehrere Wochen vom Ordnungsamt eine Ladezone mit Parkverbot genehmigen zu lassen und dann darin einen Anhänger mit Werbung abzustellen – natürlich fein überbreit in die Radspur ragend und dort Radfahrer gefährdend – dürfte im Handbuch der Public Relations bestenfalls im Kapitel misslungenes Guerilla-Marketing auftauchen.

So geschah das aber jetzt gerade am Roseneck, schön sichtbar an einer vielbefahrenen Kreuzung. Nachdem uns genervte Anwohner auf den reglosen Hänger aufmerksam gemacht und wir im Leute-Newsletter Charlottenburg-Wilmersdorf und im Checkpoint darüber geschrieben hatten, gab es jede Menge weitere Leser-Hinweise auf nervige Anhänger, die herumstehen, für Anwohner ohnehin rare Parkplätze blockieren, andere Verkehrsteilnehmer dadurch gefährden, dass sie ihnen Sicht oder Bewegungsfreiheit nehmen, und obendrein das Stadtbild mit ihren wenig geschmackvollen Planen verschandeln.

Hänger am Rathaus Schöneberg
Hängerparkplatz zwischen Rathaus Schöneberg und Senatsverwaltung für Justiz, Badensche Ecke Salzburger Straße.

© Markus Hesselmann

Am Rathaus Schöneberg, Badensche Ecke Salzburger Straße, waren es diese Woche gleich vier. Die Mitarbeiter des Bezirksamts und der Senatsverwaltung für Justiz können die Aussicht auf den immobilen Fuhrpark aus ihren Fenstern genießen. Dass die Anhänger hier Parkplätze dauerhaft blockieren, führt regelmäßig dazu, dass der für Rollstuhlfahrer markierte Überweg zwischen Senatsverwaltung und Rathaus zugeparkt wird. Natürlich sollte Platznot keine Entschuldigung dafür sein, Rollstuhlüberwege mit Autos zu versperren. Aber Ursache und Wirkung sind auch nicht außer Acht zu lassen.

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Als weitere Beispiele genannt: Argentinische Allee in Zehlendorf, Konstanzer Straße, Ludwigkirchstraße und Clayallee - hier macht sich dieselbe Bettenfirma wie am Roseneck breit - in Wilmersdorf, Steubenplatz und Trakehner Allee in Westend sowie der Lietzensee-Kiez.

Solltet ihr, werte Anhänger-Dauerparker es auf einen Reklame-Effekt bei Vorbeifahrern abgesehen haben, ist das so gerade noch nachvollziehbar, bei den Anwohnern, Passanten und Parkplatzsuchern macht ihr jedenfalls Anti-Werbung für eure Firmen. Und falls ihr eure Warenlager und Fuhrparks auf öffentliches Straßenland outgesourct habt, dann versteht ihr das mit dem öffentlichen Raum und einer gewissen bürgerlichen Verantwortung dafür auch irgendwie falsch.

Durchweg klang in den Zuschriften ein Grundfrust über die örtliche Exekutive an. „Eigentlich dürfte sich das Ordnungsamt nicht Ordnungsamt nennen“, schreibt ein Anwohner. „Schlafen Sie ruhig weiter!“ Er habe „noch nie einen Mitarbeiter des Ordnungsamtes“ in seiner Straße gesehen, schreibt ein anderer. Fehlende Präsenz und Ansprechbarkeit werden des öfteren als Problem benannt.

„In der Verwaltung begegnen Menschen ihrem Staat“, schreibt die Publizistin Ursula Weidenfeld. „Hier wächst oder erodiert Vertrauen in die Demokratie.“ Ein wichtiger Punkt dabei ist Kommunikation, deren Wert Berliner Bezirksämter meist unterschätzen. Soziale Medien zum Beispiel sind mit wenigen positiven Ausnahmen – vor allem Mitte, Reinickendorf und Treptow-Köpenick – nur rudimentär im Einsatz. Über Kanäle wie Facebook, Twitter oder Instagram wäre ein bisschen öffentlicher Druck auf die Dauerparker – freundlich-ironisch, aber bestimmt – sicher kein Hexenwerk.

Oder wie wäre es, wenn man den Dauerparkern schon nicht mit Recht und Gesetz kommen will oder kann, mal mit persönlicher Ansprache und dem Hinweis darauf, dass es viele Beschwerden von Mitmenschen gibt, dass andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden, dass dies alles dem Ansehen ihrer Firmen schadet. Die Kontaktdaten werden auf den bunten Planen ja freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Wie man es macht, zeigt der Abgeordnete Tim-Christopher Zeelen: Als der Leute-Newsletter Reinickendorf über Firmenwagen schrieb, die in Flottenstärke Park-and-Ride-Plätze am S-Bahnhof Waidmannslust blockierten, wandte er sich an das entsprechende Unternehmen und erreichte, dass dessen Mitarbeiter diese Rücksichtslosigkeit künftig lassen. Und auch Charlottenburg-Wilmersdorfs Ordnungsstadtrat Arne Herz reagierte nach unserem Newsletter-Bericht: Die Ladezone für den Bettenfirmen-Anhänger am Roseneck wurde widerrufen. Darüber berichtet mein Kollege Cay Dobberke heute im Leute-Newsletter Charlottenburg-Wilmersdorf.

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