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Die Diskussion über Videoüberwachung im öffentlichen Raum hat eine heftige Debatte ausgelöst.

© Susann Prautsch/dpa

Debatte im Abgeordnetenhaus: Videoüberwachung polarisiert im Parlament

Kampf um die richtige Perspektive: Saleh setzt sich vom Senat ab, die Opposition spendet Applaus.

Von Sabine Beikler

Berlins SPD-Fraktionschef Raed Saleh hat sich von den Beschlüssen der rot-rot-grünen Koalition zur Videoüberwachung deutlich distanziert. "Niemand versteht, warum Videoüberwachung an kriminalitätsbelasteten Plätzen nicht erlaubt sein soll", sagte Saleh am Donnerstag in der Debatte nach der Regierungserklärung im Abgeordnetenhaus. "Da müssen wir uns ehrlich machen." Die Bürger fragten sich zu Recht, ob es noch zeitgemäß sei, so restriktiv wie in Berlin mit dem Einsatz von Videokameras auf öffentlichen Plätzen umzugehen. "Wir müssen bei der Videoüberwachung zu einer zeitgemäßen Lösung kommen", sagte Saleh. Der Senat hatte sich für eine temporäre und mobile Videoüberwachung zum Schutz von Großveranstaltungen nach polizeilicher Absprache ausgesprochen.

Saleh fordert die "volle Härte des Gesetztes"

Saleh sprach von "Brutstätten des Terrors" in einigen Moscheevereinen, er forderte die "volle Härte des Gesetzes" gegen solche Umtriebe. Auch bei Gewalttaten müsse hart durchgegriffen werden. Jugendliche, die in der U-Bahn Obdachlose anzünden wollten, hätten ihr Gastrecht verwirkt. Zeitweise sorgten seine Worte für Aufruhr im Plenum. Während die Abgeordneten von CDU, FDP und AfD applaudierten, erstarrten die Gesichter bei Linken und Grünen. Ein während der Plenarsitzung von der CDU eingebrachter Antrag zur Ausweitung der Videotechnik an gefährlichen Orten wurde nach Beratung in den Innenausschuss verwiesen.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte in seiner Erklärung das 45 Millionen Euro teure Sicherheitspaket für die Stadt mit mehr Ausrüstung für die Polizei als "Konzept mit Augenmaß" verteidigt. Keine Bevölkerungsgruppe werde unter Generalverdacht gestellt. Müller kündigte eine sozialere Politik für Berlin an. Niemand solle in der Stadt verloren gehen. "Wer droht, an den Rand gedrängt zu werden, den nehmen wir in unsere Mitte." Der Oppositionsführer und CDU-Fraktionschef Florian Graf warf Müller "Führungsschwäche" vor. Rot-Rot-Grün habe einen "gewaltigen Fehlstart" hingelegt.

Von der Opposition bekam Saleh Applaus

Die Debatte über eine Ausweitung der Videoüberwachung wird den Innenausschuss des Abgeordnetenhauses weiter beschäftigen. Ein CDU- und ein AfD-Antrag wurden nach Beratung im Plenarsaal in den Ausschuss verwiesen. CDU-Innenpolitiker Burkard Dregger kritisierte das Sicherheitspapier der rot-rot-grünen Koalition als Papier, das "an Naivität nicht zu überbieten ist". Und er lobte SPD-Fraktionschef Raed Saleh, der sich von den Beschlüssen von Rot-Rot-Grün distanziert und eine Ausweitung der Videotechnik an kriminalitätsbelasteten Orten nicht ausgeschlossen hatte.

Dregger sagte in der Debatte, die Wirksamkeit von Videotechnik habe eine BKA-Studie ermittelt. "Dadurch werden Straftäter ermittelt und aus dem Verkehr gezogen." Das hätten die Bilder nach den "heimtückischen Angriffen" in der U-Bahn bewiesen, nach deren Veröffentlichung die mutmaßlichen Täter gefasst worden seien. Die BVG mache es vor, die alle 173 Bahnhöfe mit Videokameras ausstatten will. Dregger appellierte an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), er solle seine Richtlinienkompetenz nutzen und die "Realitätsverweigerer der Linkskoalition auf Kurs bringen, damit die Sicherheit der Stadt erhöht wird".

Die Linke bleibt bei einer anlassbezogenen Videoüberwachung

Statt mehr Videotechnik brauche man "vorbeugende Maßnahmen zur Terrorabwehr", forderte SPD-Innenpolitiker Frank Zimmermann. "Das ist das gemeinsame Ziel, das wir haben müssen." Er plädierte für einen bessere Datenaustausch und präventive Maßnahmen. "Videoüberwachung an neuralgischen Plätzen ist möglich. Das kann ein zusätzliches Instrument zur Verbrechensbekämpfung sein." Man müsse gemeinsam mit der Polizei überlegen, wo das notwendig sein könnte. Gegenseitige Schuldzuweisungen seien jedoch nicht angebracht. "Wer eine bessere Sicherheitspolitik macht, ist noch die Frage", sagte Zimmermann und ergänzte schnell nach einigen Lachern. "Die werden wir machen."

Linkspolitiker Niklas Schrader forderte eine "rationale Sicherheitspolitik" mit mobilen Wachen, besserer Ausrüstung bei der Polizei, funktionierendem Digitalfunk. Terroristen ließen sich nicht von Videotechnik abhalten. Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux bekräftigte, eine nicht anlassbezogene Videoüberwachung werde nicht eingeführt. "Dabei bleibt es."

Während die AfD den Gesetzentwurf der CDU nach Ausweitung der Videoüberwachung unterstützt, lehnt ihn die FDP ab. Videoüberwachung sei "Sicherheitspolitik der 80er Jahre", sagte FDP-Politiker Marcel Luthe. "Was Berlin braucht, ist eine Polizei live vor Ort, um Verdächtigen unmittelbar zu folgen."

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