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Eine Demonstration für ein Flüchtlingsheim in Köpenick.

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Debatte um Flüchtlinge: Ehemalige Senatsmitglieder bilden Beirat für Zusammenhalt

Senator Czaja ernennt Eberhard Diepgen und drei Ex-Senatoren zur Flüchtlings-Task-Force: Sie sollen dem Senat und den Bürgern helfen, Integrationsprobleme zu lösen.

Auf Eberhard Diepgens Spruchkalender war dieser Tage das Bonmot zu lesen: „Hüte dich vor den alten Männern. Die haben nichts mehr zu verlieren.“ Nun sitzt der Ex-Regierende im Roten Rathaus neben den Ex-Senatoren Ingrid Stahmer und Wolfgang Wieland, die mit ihm – zur Unterstützung des Senats in Flüchtlingsfragen – einen „Berliner Beirat für Zusammenhalt“ (BBZ) konstituieren. „Politisch Aktive haben immer Angst,“ sagt Diepgen mit allerfeinstem Lächeln, „die haben wir nicht mehr“.

Sein Parteifreund, Sozialsenator Mario Czaja (CDU), der das Team parteiübergreifend um Hilfe gerufen hat, stellt die Zusammenhalter vor. Dazu soll auch Heidi Knake-Werner (Die Linke) gehören – Ex-Integrations-Senatorin, heute Vorsitzende der Berliner Volkssolidarität; sie fällt zunächst krankheitsbedingt aus. Ingrid Stahmer (SPD), die in den 80er und 90er Jahren für Soziales und Schule zuständig war, ist heute Sprecherin der Landesarmutskonferenz, in der 66 Verbände kooperieren; das will sie als Netzwerkfaktor nutzen. Stahmer betont, wie sie zwar beruflich und ehrenamtlich eingespannt sei, verweist aber auf Mediatoren-Erfahrung und die Jahre 1989/90: als Berlin 100 000 Übersiedler und Asylbewerber verkraftete. „Ihr habt jahrelang Kerzen ins Fenster gestellt. Wenn sie in euren Garten kommen, wollt ihr sie nicht. Schaut doch, ob die Ängste nicht zu beseitigen sind“, habe sie damals gerufen.

Vermittler vom Dienst. Eberhard Diepgen soll helfen, die Wogen bei den Anwohnern von Flüchtlingsheimen zu glätten.
Vermittler vom Dienst. Eberhard Diepgen soll helfen, die Wogen bei den Anwohnern von Flüchtlingsheimen zu glätten.

© picture alliance / dpa

„Die Situation wird sich nicht entschärfen,“ sagt Wolfgang Wieland (Grüne), heute Vorstand der Deutschen Gesellschaft. Der Jurist beschreibt, wie unterschiedliche Persönlichkeiten des BBZ auf „verschiedene Segmente“ der Stadtgesellschaft zugehen sollen. Er vor allem auf jene, „die Willkommensschilder hochhalten – um Worte und Taten in Übereinstimmung zu bringen“. Auf die Frage, warum kein Junger das Quartett verstärke, kommt vom Podium die Antwort: Man behalte sich Erweiterungen vor. Wie oft getagt wird? Ist noch nicht klar. Ingrid Stahmer meint, einen Tag pro Woche könne sie für diese Aufgabe abzwacken. Was die Task Force überhaupt leisten soll, definiert Senator Czaja: Bürgersinn fürs Miteinander „bündeln“, an der Seite von (4000!) Berliner Hilfsgrupppen stehen, Debatten um Unterbringsstandorte „aufgreifen und moderieren“.

Eberhard Diepgen, ganz Elder Statesman, stellt fest: Jetzt über die bisherige Flüchtlingspolitik zu klagen, sei sinnlos. So schnell müssten Unterkünfte geschaffen werden, „dass nicht alle wünschenswerten Formen der Bürgerbeteiligung beachtet werden können“. Diese große Stadt könne Zehntausende integrieren. Man wolle aber aus Fehlern („1989 sind die Republikaner zu stark geworden“) lernen, vertrauensvoll, ohne Öffentlichkeit, mit den Nachbarschaften reden: „ Idiotische Ideen müssen auch mal drastisch formuliert werden können, ohne dass man beschimpft wird.“ Wenn jemand, der ein Problem beschreibe, gleich ins rechte Eck gedrängt werde, sei das Tatsachenverdrängung. Ob man sich um die Gerhart-Hauptmann-Schule kümmere? Das miteinander zu verbinden, bringt nichts, sagt Diepgen: Dieser Konflikt habe nur von langfristigen Problemen abgelenkt.

Damit Ehrenamtliche Aufwandsentschädigung erhalten und koordiniert werden, spendiert der Paritätische 100 000 Euro. 150 000 kommen vom Sozialsenator, der weitere Zahlen nennt: 2011 gab es hier zwölf Sammelherbergen für 2600 Asylbewerber und 365 Wohnungen. Aktuell brauche man für 20 000 Menschen 48 Sammelunterkünfte (12 000 Plätze) und 1034 Wohnungen. In zwei Jahren haben sich: die Gesamtzahl vervierfacht, die Wohnungen verdreifacht, die Zahl der Mitarbeiter verdoppelt. Nächste Woche beginnen 15 junge Regierungsinspektoren für Flüchtlinge ihren Job. Wenn Bürger zur Container-Abwehr Ausweich-Orte vorschlagen, müsse er, Czaja, sagen: „Es geht nicht um alternativ, sondern um additiv!“ Zehn Jahre lang sei der Weltflüchtlingsstrom an Zentraleuropa vorbeigegangen, jetzt „stehen wir nicht am Ende, sondern am Anfang einer Entwicklung“.

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