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Eren Ünsal schrieb einen Brief an das Theater.

© ddp

Debatte um Hautfarbe von Mimen: Schlosspark-Theater wird Diskriminierung vorgeworfen

Die Chefin der Landesstelle kritisiert das Schlosspark-Theater wegen Diskriminierung. Hintergrund ist die Besetzung der Rolle eines Farbigen durch einen schwarz geschminkten weißen Schauspieler. Das Theater weist die Vorwürfe zurück.

In die Debatte um die Besetzung von Rollen an Berliner Theatern mit Schauspielern weißer oder schwarzer Hautfarbe sowie um Äußerungen zur Personalpolitik am Schlosspark-Theater hat sich jetzt die „Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung“ eingeschaltet. „Wir haben nach der Diskussion um die Besetzung der Rolle des schwarzen Midge durch einen schwarz geschminkten weißen Schauspieler im Stück ,Ich bin nicht Rappaport’ und über die Äußerungen des Regisseurs dazu viele Beschwerdebriefe bekommen“, sagte Leiterin Eren Ünsal. Daher habe sich die bei der Senatsintegrationsverwaltung angesiedelte Landesstelle nach intensiver Beratung mit Experten und fachlicher Prüfung mit einem kritischen Brief an das Haus von Schauspieler Dieter Hallervorden gewandt. Das Theater wies die Kritik weit von sich.

Hintergrund der Diskussionen ist eine Äußerung des „Rappaport“-Regisseurs Thomas Schendel, nach der kaum einem Ensemble eines Theaters in Deutschland, Österreich oder der Schweiz schwarze Schauspieler angehören – deswegen, weil das Repertoire ihnen zu wenige Rollen anbiete, die eine Festanstellung rechtfertigten. „Damit steht die Aussage im Raum, dass Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe nur für spezifische Rollen angestellt werden können“, sagte Eren Ünsal auf Anfrage. „Das kommt einer diskriminierenden Einstellungspraxis gleich, weil schwarze Schauspieler nur einen stark beschränkten Zugang zu Rollen haben.“ In unserer Kulturlandschaft dürften sie allzu oft nur etwa den Othello verkörpern. Im Fernsehen würden Mimen mit dunkler Hautfarbe immer noch vorwiegend für Bösewichter-Rollen oder für den exotischen Touch engagiert.

"Wenn durch Theater gesellschaftliche Themen angestoßen werden, hat es auch sein Gutes"

Schwarze Fernsehmoderatorinnen wie etwa in einer Bundesliga-Fußballsendung des Pay-TV-Senders Sky seien die Ausnahme. „Es muss aber jeder Künstler – bei entsprechender Qualifikation – für jegliche Rolle engagiert werden können“, appelliert Eren Ünsal. Solche institutionelle Diskriminierung werde auch im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) behandelt. Ünsal betonte, dass sie mit dem Theater aber lieber direkt und nicht über die Medien kommunizieren wolle.

Die Besetzung in „Ich bin nicht Rappaport“, das wieder im April gespielt und in dem Schauspieler Joachim Bliese schwarz geschminkt wird, hat laut Ünsal bei Berlinern jeglicher Couleur Kritik hervorgerufen: Sie greife die rassistische Tradition des „Blackfacing“ auf. Die Darstellungsform wurde historisch von Weißen genutzt, um sich über Schwarze lustig zu machen oder sie abzuwerten. Dies kritisieren auch schwarze deutsche Künstler.

Beim Schlosspark-Theater in Steglitz-Zehlendorf sagte Sprecher Harald Lachnit, man habe keinen schwarzen, älteren Schauspieler gefunden, der neben Hallervorden bestehen könne. In „Rappaport“ sei der „Midge“ seit Jahrzehnten mit Weißen besetzt, es sei ein Stück gegen Diskriminierung; es spielten auch Schauspieler mit Migrationshintergrund wie Atina Tabiei Razligh und Baris Simsek mit.

Eine „Blackfacing“-Tradition gebe es in Deutschland gar nicht. Es sei aus anderem Grund in der Oper üblich, Deutsche etwa zu Asiaten zu schminken. „Wir sind über den Disput nicht froh. Aber wenn durch Theater letztlich gesellschaftliche Themen angestoßen werden, hat es auch sein Gutes“, sagte Lachnit.

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