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Debatte um Stadtschloss: Schloss-Freunde kämpfen gegen Baustopp

Der Ton in der Debatte über einen Baustopp des Stadtschlosses wird schärfer. Wolfgang Thierse sagte, das Humboldt-Forum sei wichtiger als Autobahnen. Stiftungspräsident Parzinger nannte die Sparabsicht einer Kulturnation unwürdig.

Der Ton wird schärfer in der Debatte über einen möglichen Stopp aller Planungen für den Bau des Berliner Stadtschlosses, auch Humboldt-Forum genannt. Als „fatal“ und „einer Kulturnation unwürdig“ beurteilte Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, am Donnerstag ein solches Szenario gegenüber dieser Zeitung. Und der Vizepräsident des Bundestages Wolfgang Thierse sagte auf Anfrage: „Die Bundesregierung steht vor einer einfachen Alternative: Will sie das größte Kulturprojekt in der Geschichte der Bundesrepublik stoppen oder den Bau von ein paar Kilometern Autobahn verschieben.“

Thierse und Parzinger sind Mitglieder im Stiftungsrat des Humboldt-Forums, dem Aufsichtsgremium der bundeseigenen Schlossstiftung. Die Stiftung baut das Schloss im Auftrag des Bundes. Aber auch im Bundesbauministerium, aus dessen Etat 552 Millionen Euro für den Neubau fließen, wird kein Öl ins Feuer gegossen: Im Vorfeld der Sparklausur „wird so gut wie nach jedem Projekt gefragt“, sagte ein Mitarbeiter. Und Bauminister Peter Ramsauer (CSU) selbst meint: „Ich werde mich an den Bundestagsbeschluss zum Bau des Berliner Schlosses halten und auch für Spenden werben.“

Wie Hermann Parzinger weiter sagte, sei es auch „unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten grob fahrlässig, jetzt das Vorhaben zu stoppen.“ Bauliche und inhaltliche Planungsarbeiten liefen „unter Hochdruck“. Die Akzeptanz für das Projekt werde nicht größer, wenn man es jetzt auf Eis lege. „Die Realisierung des Humboldt-Forums ist ein starkes Zeichen hinsichtlich der Gleichberechtigung der Weltkulturen in einer längst globalisierten Welt“, so Parzinger. Durch das hier geplante „Kunst- und Kulturzentrum gänzlich neuen Zuschnitts“ werde ein „völlig neues Miteinander der Kulturen erlebbar“. Das sei die große Chance, „um die uns die Welt heute schon beneidet.“

Thierse reagierte mit seinen Aussagen auf Äußerungen, wonach ein Aus für das Schlossprojekt Kürzungen zum Beispiel im Sozialbereich verhindern könnten: Die Baukosten für das Schloss fließen aus dem Etat des Bauministeriums, „deshalb sind die Alternativen dazu nicht Kürzungen bei Kitas, Gesundheit oder Rente“, sondern beim Straßenbau. Und gemessen an den 100 Millionen Euro, die etwa drei Autobahnkilometer kosteten, seien die möglichen Einsparungen beim Schlossprojekt „lächerlich“.

Tatsächlich sind die Kosten zurzeit noch sehr gering und die Planer schöpfen das Budget nicht einmal annähernd aus: Nur etwa die Hälfte der Millionen, die im Bundeshaushalt in diesem Jahr für den Schlossbau eingestellt sind, werden gebraucht: 14 Millionen Euro. Das liegt allerdings nicht am besonders behutsamen Umgang der Planer mit Steuergeldern, sondern an der bereits Ende vergangenen Jahres beschlossenen Verlängerung der Bauzeit: Das Humboldt-Forum soll nun erst im Jahr 2017 öffnen, drei Jahre später als ursprünglich vorgesehen. Deshalb gibt die Stiftung für das Gebäude auch im nächsten Jahr „nur“ 25 Millionen Euro aus, statt der im Etat eingestellten 70 Millionen. Erst wenn die Bauarbeiten so richtig beginnen, wird es teuer: je 150 Millionen Euro in den Jahren 2013 und 2014.

So lange der Bundestag keinen neuen Beschluss fasst, will der Sprecher der bundeseigenen „Stiftung Berliner Schloss Humboldt-Forum“, Bernhard Stokar von Neuforn, Spekulationen über einen möglichen Baustopp nicht kommentieren. Das Team von 60 Architekten und Ingenieuren um Franco Stella werde bis Ende des Jahres die „Entwurfsplanung“ vorlegen. Das ist eine detaillierte Zeichnung des Gebäudes im Maßstab eins zu hundert. Koordiniert werden die Arbeiten vom Bundesamt für Bauen und Raumordnung.

Wilhelm von Boddien, Chef des Fördervereins Berliner Schloss, nannte die Gerüchte über eine mögliche Verschiebung des Projektes „hochspekulativ“. Der Bau des Schlosses habe durch den Bundestagsbeschluss „Gesetzeskraft“. Boddien sieht sich darin durch Aussagen von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) bestärkt. Dessen Sprecher sagte auf Anfrage, Neumann sehe „keine Anhaltspunkte“ für Überlegungen, den Bau des Stadtschlosses zu verschieben.

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