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Festliche Tracht. Die „Salzwirker-Brüderschaft“ hat sich herausgeputzt. Foto: AFP

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Berlin: Defilee am Grab in Sanssouci

Hunderte gedenken des Hohenzollern.

Von Peer Straube

Kein Pomp, kein Prunk. Keine Zurschaustellung, keine Zeremonie. Ganz schlicht. So hatte Friedrich II. begraben werden wollen. Und von Geburtstagsfeiern hielt er auch nicht viel. Man darf daher getrost unterstellen, dass der Monarch nicht allzu begeistert davon gewesen wäre, was sich am Dienstag an seinem Grab abspielte. Doch wer 300 Jahre alt wird, hat es eben nicht mehr selbst in der Hand.

Das Defilee an seinem Grab am Lieblingsschloss Sanssouci in Potsdam beginnt um 9 Uhr. Hartmut Dorgerloh, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, legt einen Lorbeerkranz „aus den königlichen Gärten“ nieder. Was normalerweise nur eine Handvoll Menschen interessiert, zieht in diesem Jahr Hunderte an. „Ich glaube schon, dass er es gern ruhiger gehabt hätte“, sagt Georg Friedrich Prinz von Preußen. Doch der Chef des Hauses Hohenzollern, dessen Urahn Friedrich II. ist, freut sich, „dass sein 300. Geburtstag gefeiert wird“. Mit zackigem Schritt kommt die nächste Gratulantenschar ums Schlosseck marschiert – in kaiserlichen Uniformen. „Oh Gott“, seufzt jemand. Eine Abordnung von 13 Mann des „Offiziersvereins von 1914“ mit Pickelhauben nimmt Aufstellung. „Helme ab zum Gebet“, ruft der zwirbelbärtige Kommandeur.

Hartmut Dorgerlohs Vorgänger, Hans-Joachim Giersberg, sieht aus, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Ihn ärgert der Rummel, „den wollte er nicht haben“, grummelt Giersberg. Die kaiserlich gewandeten Offiziere des Korps sind derweil zum beliebten Fotomotiv geworden. Aus dem ganzen Bundesgebiet sind sie angereist, aus Ulm, Hannover, Stuttgart oder Wolfsburg. Auch der Verein „Neue deutsche Monarchie“ hat sich unter die Gratulanten gemischt.

Des Kaisers Truppen haben inzwischen Gäste aus Sachsen-Anhalt abgelöst. Eine Delegation der „Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle“ salutiert am Grabe des Königs. Die Brüderschaft existiere lückenlos seit 1491, sagt ihr Erster und Regierender Vorsteher, Sten Michelson. Man huldige Friedrich, weil der den Salzsiedern viele Privilegien gewährt habe, etwa die Befreiung vom Militärdienst.

Der bereits seit Monaten anhaltende Friedrich-Hype hat selbst die „New York Times“ auf den Plan gerufen. Deutschlandkorrespondent Nicholas Kulish sammelt Material für einen Artikel, „denn das scheint mir hier in diesem Jahr ein sehr großes Thema zu sein“. Die Verehrung nimmt inzwischen kulthafte Züge an. „Runter vom Grab“, wird ein älterer Mann von einem anderen Besucher zurechtgewiesen. Er hatte auf dem Grabstein eines der Windspiele gestanden.

Nach einer kurzen Verschnaufpause kündigt sich der Verein „Grenadiergarde Nr. 6 von 1740“ durch laute Marschmusik an. „Jetzt wird’s wieder spannend“, sagt eine Frau freudig. Der Dutzende Meter lange Tross, verlängert durch Mitglieder der „Kameraden des 35. Regiments Prinz Heinrich“ trägt ein Bildnis Friedrichs wie die Reliquie eines Heiligen vor sich her. „Übertrieben“ findet Anna Haase diesen Aufwand. Die „ganzen Traditionsvereine“ hätten die Gelegenheit genutzt, sich mal wieder in vollem Ornat zu zeigen. Ihre Kollegin fasst das in einem einzigen Wort zusammen: Friedrich-Wahn. Peer Straube

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