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Berlin: Defilee ohne Noten

Vivienne Westwood drehte ihren Eleven die Musik ab

Seit elf Jahren ist Vivienne Westwood zwar Professorin an der Universität der Künste (UdK) und hat dort viele Modedesignerinnen und designer ausgebildet. Doch eine Lehrerin im herkömmlichen Sinne ist die eigenwillige Modeschöpferin jedoch nie geworden. Alljährlich beim Abschlussdefilee ihrer Modeklasse kann man sehen, dass es ihr weniger darum geht, die individuellen Begabungen ihrer Schüler zu fördern, als um die eigenen Auffassung von Mode weiterzuführen. Deren oberstes Gebot lautet, aus der Vielfalt der Geschichte zu schöpfen. Dagegen ist nichts zu sagen, doch die Fingerübungen mit dem historischen Kostümfundus führen unweigerlich zu Kollektionen, deren Stil eher von der Lehrerin geprägt wird als von den Schülern: Elemente von der Antike über den Barock bis in die Zwanziger, Drapierungen und Raffungen, Korsagen und dramatische Gesten bis hin zum aufklappbaren Pfauenrad aus Spitze – solche Arbeiten können nur von Westwoodschülern stammen, und nur solche lässt die Professorin zu. Ihr Wort gilt. Bei der Schau im Opelhaus an der Friedrichstraße ging sie so weit, mitten in der Präsentation hinter die Bühne zu marschieren und die Musik abzudrehen. Sie hatte ihr nicht gefallen, wie sie dem verdutzten Publikum mitteilte. Die Models defilierten ohne Noten – die Meisterin hatte gesprochen. S.N.

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