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Berlin: Degussa-Lack weiter verwendet

Die Arbeiten an den Stelen für das Holocaust-Mahnmal gingen ohne Unterbrechung weiter

Die Arbeiten an den Stelen für das Holocaust-Mahnmal sind am Montag ohne Unterbrechung weitergelaufen – obwohl die Stiftung „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ als Bauherrin bereits vergangenen Donnerstag den Baustopp verfügt hatte. „Uns ist nichts bekannt von einem Baustopp“, sagte Mario Kachel, der Geschäftsführer der Firma Bautenschutz Berlin, „wir produzieren ganz normal weiter.“

Mario Kachels Mitarbeiter tragen auf die Beton-Stelen für das Mahnmal ein Graffiti- Schutzmittel auf, das die Firma Degussa herstellt. 100 der 2700 Stelen sind bereits damit behandelt worden. Auch die Firma EAG, die das Degussa-Produkt vertreibt und mit der ein Vertrag abgeschlossen worden ist, hatte am Montag keine Nachricht von dem Baustopp. Am vergangenen Donnerstag hatte das Kuratorium der Mahnmal-Stiftung entschieden, ein Graffiti-Schutzmittel eines anderen Herstellers zu verwenden. Denn eine Tochterfirma von Degussa hatte in der Nazi-Zeit das Giftgas Zyklon B produziert, mit dem Juden ermordet worden waren.

„Den Baustopp muss die Bauverwaltung an die von ihr beauftragten Firmen weitergeben“, sagte Sibylle Quack, die Geschäftsführerin der Stiftung, am Montag. Denn die Bauverwaltung unter der Leitung von Peter Strieder (SPD) baut das Mahnmal im Auftrag der Stiftung. Bausenator Strieder, der Mitglied im Kuratorium der Stiftung ist, habe sich bei der Sitzung am Donnerstag selbst vehement für den Stopp der Arbeiten eingesetzt. Quack habe ihn dann am Freitag noch einmal darauf aufmerksam gemacht, dass er den Stopp auch an die Firmen weitergeben müsse. Angekommen war am Montag davon offenbar nichts.

Strieder habe die beteiligten Firmen bereits am Freitag mündlich angewiesen, die Arbeiten zu unterbrechen, sagte seine Sprecherin Petra Reetz. Am Montagnachmittag um 15 Uhr habe er die Anweisung schriftlich wiederholt. In der Behörde hatte es am Freitag lautstarke Auseinandersetzungen gegeben: Denn Mitarbeiter, die mit der Mahnmalsplanung beschäftigt sind, hätten seit Wochen von der Verwendung des Degussa-Produkts gewusst – ohne Strieder davon zu informieren. Die Mitarbeiter hätten die Nazi-Vergangenheit der Degussa-Tochterfirma für „nicht so gravierend“ eingeschätzt, sagte die Sprecherin. Zumal der Mahnmal-Architekt Peter Eisenman das Degussa-Mittel favorisiert habe, weil es seiner Ansicht nach das beste Produkt sei.

Wäre Strieder frühzeitig über die Verwendung eines Degussa-Lacks unterrichtet worden, hätte er sofort die Jüdische Gemeinde informiert, sagte Petra Reetz. „Denn selbstverständlich weiß der Senator um die Verbindung von Degussa mit Zyklon B und auch um die politische Bedeutung.“ Wie teuer eine eventuelle Verzögerung kommt und ob man die eingegangenen Verträge mit der Firma EAG, die den umstrittenen Lack vertreibt, lösen kann, soll laut Sibylle Quack am heutigen Dienstag geklärt werden. Für die Höhe der finanziellen Ausfälle sei entscheidend, ob EAG klagen wird, meint Reetz. Deren Geschäftsführer, Bernd Eifinger, will sich „rechtliche Schritte vorbehalten“.

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