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Berlin: Dem ganzen Volke?

Ein Test ergab: Das neue Regierungsviertel ist rollstuhlfreundlich – fast überall

Das HolocaustMahnmal – so gut wie unzugänglich für jemanden mit dem Rollstuhl. Ebenfalls unmöglich: den inszenierten Rundgang durch den Reichstag abzufahren. „Aber von diesen beiden Schwachstellen abgesehen muss man sagen, dass das neue Regierungsviertel mit viel Rücksicht auf behinderte Menschen gebaut ist“, sagt Ines Voll von der Fürst-Donnersmarck-Stiftung.

Die Stiftung setzt sich für körperlich und geistig behinderte Menschen ein. Jetzt hat sie getestet, wie behindertenfreundlich das Zentrum der deutschen Demokratie ist. Zu einem Probe-Rundgang hat sie eine Gruppe von Rollstuhlfahrern eingeladen.

Zwei Stunden durch Mitte und durch die deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Wilhelmstraße, HolocaustMahnmal, Brandenburger Tor und der Pariser Platz; Reichstag, Paul-Löbe-Haus und das Bundeskanzleramt.

Die Rollstuhlfahrer selbst sind nach dem Probe-Rundgang angetan. „Insgesamt war es sehr angenehm“, sagt Ingrid Koch, 64, aus Charlottenburg. Es gebe genügend abgesenkte Bordsteine, die sie mit ihrem elektrischen Rollstuhl problemlos nehmen könne. „Wirklich vorbildlich.“ Und die Toiletten, etwa am Pariser Platz, seien gut zugänglich.

„Toll ist auch, dass man nicht anstehen muss, um in die Reichstagskuppel zu kommen“, sagt eine ältere Dame, die ihren Mann in einem Klapprollstuhl durch das Regierungsviertel geschoben hat. „Schade ist nur, dass man den Weg vom Reichstag an der Spree entlang bis zum Kanzleramt noch nicht durchgehend benutzen kann.“ Lob also für das Regierungsviertel.

Der Rest der Stadt, so das Urteil, kann da nicht mithalten. „Es ist auffällig, dass die Wege zwischen den Stationen für Rollstuhlfahrer im Regierungsviertel sehr viel besser zurückzulegen sind als im Berliner Alltag“, sagt Sören Hühnlein. Er führt seit 1998 Rollstuhl-Gruppen. „Bei einer Tour durch Kreuzberg oder Prenzlauer Berg würden sie schnell feststellen, dass dort, wo ein Bordstein abgesenkt ist, meist ein Auto parkt und so die Auf- und Abfahrt blockiert.“

Ines Voll von der Donnersmarck-Stiftung sieht ein weiteres Problem. „Es ist in Berlin sehr schwer, Behinderte in großen Gruppen unterzubringen. Es gibt wenige Hotels mit mehreren geeigneten Zimmern, die noch dazu zu teuer sind.“mne

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