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Berlin: Dem Star ganz nah

Sie war eines der wichtigsten gesellschaftlichen Ereignisse des Jahres, die Gala zugunsten des Netzwerks „Innocence in Danger“ am Freitagabend. Unsere Autorinnen haben den Abend aus zwei unterschiedlichen Perspektiven erlebt – als Hostess und als Gast

Als Hostess auf einer Gala? Meine Freundin Tina schaute mich mitleidig an. Hostess zu sein, das ist für sie keine Verlockung, sondern in erster Linie eine sehr anstrengende Angelegenheit. Immer freundlich sein, immer lächeln, immer die Form wahren, und das über Stunden – das ist nichts für Tina. Als ich ihr am Tag nach der „Innocence-in-Danger“-Gala berichte, wie Bryan Adams sang und ich direkt neben der Bühne stand, war Tina ein bisschen neidisch.

Mein Abend beginnt um 15 Uhr. Da sind im Schlüterhof des Deutschen Historischen Museums die Tische für die Galagäste schon gedeckt. Ich schlüpfe in das elegante Sandra-Pabst-Kleid und hänge mir eine Perlenkette um den Hals. Ein kurzes Gespräch mit der Visagistin während des Schminkens, danach zum Briefing. „Schaut euch die Fotos der Gäste genau an. Ich möchte nicht, dass jemand Homayra Sellier, die Präsidentin des Vereins, nach ihrem Namen fragt“, sagt Kerstin Schily von Hardenberg-Concept in freundlichem, aber entschiedenem Ton.

Auf meinem Briefing-Formular steht „Presse“. Ich bekomme eine Liste in die Hand gedrückt und soll am Eingang zum Museum Häkchen hinter die Namen der Journalisten machen, die schon da sind. Das ist an sich nicht schwer. Schnell bemerke ich jedoch, dass man als Hostess nicht unbedingt ernst genommen wird. Als ich einem Herren in höflichem Ton erkläre, dass er nicht auf der Gästeliste für das gesetzte Essen steht, schaut er mich wütend an und erklärt mir im fürsorglichsten Vati-Ton, wie auflagenstark sein buntes Blatt in Berlin sei und „ob ich denn davon schon einmal gehört habe“. „Ach so“, sage ich und suche mit dem Finger nach dem nächsten Namen.

Dann kommen die Stargäste. Gemeinsam mit zwei weiteren Hostessen begrüße ich die Gesellschaft. Sabine Christiansen kommt mit Manfred Schneider. Ihre Haut ist gebräunt. Sie sieht glücklich aus. Ihre Körpergröße erstaunt mich. „Ich hätte gedacht, sie wäre größer“, flüstere ich meiner Kollegin zu. Fernsehen und Kino lässt die Promis viel größer erscheinen, als sie sind. Das trifft auf die meisten zu – mit Ausnahme von Nadja Auermann und Michael Stich. Auch Bryan Adams ist ein kleiner Mann. Sein Kopf endet in meiner Schulterhöhe. Als ich ihm am Eingang zum Schlüterhof die Tür aufhalte und ein Lächeln von ihm erhaschen will, muss ich meinen Blick senken.

Während des Essens stehen die Hostessen an der Seite des Hofes. Innenminister Otto Schily sitzt am gleichen Tisch wie Sabine Christiansen. Im Gegensatz zu ihr sieht er müde aus. Ab und zu blickt Frau Christiansen zu Manfred Schneider. Sie wirkt verliebt und ich denke darüber nach, wie oft man sich wohl im Leben verlieben kann. Dabei bemerke ich, dass meine Füße und mein Rücken weh tun – kein Wunder, denn mittlerweile ist es 23 Uhr.

Eine halbe Stunde später steht Bryan Adams auf und geht auf die Bühne. Er spielt Balladen, aber auch „Summer of Sixty-nine“. Die Hostessen, die bislang kerzengerade dastanden, wippen mit den Köpfen und stimmen in den Refrain ein. Für wenige Minuten ist die Form dahin.

Mandy Schielke

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