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Berlin: Demo gegen Rassismus: "Viele Opfer sind traumatisiert"

Gabi Jaschke (39) hat vor drei Jahren die "Opferperspektive" mitgegründet. Der Verein unterstützt Opfer rechter Gewalt in Brandenburg.

Gabi Jaschke (39) hat vor drei Jahren die "Opferperspektive" mitgegründet. Der Verein unterstützt Opfer rechter Gewalt in Brandenburg. Im Dezember wird die "Opferperspektive" von der Internationalen Liga für Menschenrechte mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille ausgezeichnet.

Wie viele Opfer rechter Gewalt betreut der Verein?

Im Moment sind es etwa 60. Aber die Intensität der Betreuung ist unterschiedlich. Vor allem am Anfang müssen wir mit den Opfern viel reden, weil sie große Ängste haben. Besonders Flüchtlinge sind unsicher, wie sie sich gegenüber der Polizei verhalten sollen. Wir suchen dann mit den Opfern einen Anwalt, organisieren einen Dolmetscher und machen Termine bei den Behörden. Wichtig ist aber auch, sich die Situation in einem Ort anzuschauen. Gerade wenn Jugendliche angegriffen wurden, reden wir mit ihren Cliquen, zum Beispiel Punks, Skatern oder Langhaarigen. Denn ein rechter Überfall gilt der ganzen Clique.

Wie kommen die Opfer mit ihrer Situation zurecht?

Viele sind traumatisiert. Viele haben Angst, auf die Straße zu gehen. Manchmal regt die Opferperspektive dann einen Abholservice an, zum Beispiel für Jugendliche, die zur Schule gehen. Bei vielen Opfern wird die Angst auch wieder stärker, wenn der Prozess gegen die Täter bevorsteht. Wir sagen dann, was bevorsteht, und gehen mit zur Gerichtsverhandlung.

Haben Sie selbst Probleme mit Rechten?

Nicht so viele. Wir hatten ein paar Beschimpfungen am Telefon, aber wir sind auch nicht so leicht greifbar. Wenn ich mir anschaue, welche Gefahr viele Leute vor Ort aushalten müssen, kann ich über meine Sorgen kaum noch reden. Andererseits macht mir die Entwicklung in der Bundesrepublik schon Angst. Ich habe das Gefühl, dass die rechte Gewalt zunimmt, und auch der dumpfe Rassismus. Es gibt eine Wechselwirkung zwischen den Ressentiments in der Bevölkerung und den rassistischen Äußerungen von Politikern. Und es existiert eine diskriminierende Gesetzgebung. Flüchtlinge dürfen, selbst wenn sie überfallen wurden, den ihnen zugewiesenen Landkreis nur mit besonderer Erlaubnis verlassen.

Was erwarten Sie von der Demonstration am 9. November?

Appelle schaden nichts, aber sie helfen auch nicht weiter. Es geht darum, konkret etwas zu tun: Zum Beispiel die nicht-rechten Initiativen zu fördern, die Opfer rechter Gewalt stärker zu unterstützen und die diskriminierenden Lebensbedingungen von Flüchtlingen zu ändern. Außerdem ist es wichtig, dass bei den Bürgermeistern ein neues Denken anfängt.

Nehmen Sie an der Demonstration teil?

Wir haben am 9. November einen Betreuungstermin in Brandenburg. Die Arbeit reißt nicht ab, nur weil der 9. November kommt. Es ist zwar gut, wenn viele Leute sagen, wie schlimm die Situation ist. Aber das reicht eben überhaupt nicht.

Wie viele Opfer rechter Gewalt betreut der Verein?

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