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Berlin: Demo gegen Rechts: Die Welt schaut auf die Anständigen

Welchen Stellenwert hatte die Demonstration für Menschlichkeit und Toleranz im Ausland? Deutschland-Korrespondenten ausländischer Zeitungen berichten, wie sie ihren Lesern die gestrigen Ereignisse in Berlin erklären wollten.

Welchen Stellenwert hatte die Demonstration für Menschlichkeit und Toleranz im Ausland? Deutschland-Korrespondenten ausländischer Zeitungen berichten, wie sie ihren Lesern die gestrigen Ereignisse in Berlin erklären wollten.

Arnaud Leparmentier von der Pariser Tageszeitung "Le Monde" meinte gestern Vormittag, dass die Franzosen Beiträge über Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit in Deutschland mit großem Interesse lesen. Seiner Meinung nach ist ein Kernproblem der Deutschen immer noch die Angst vor Fremden. Den Umfang seines Berichtes machte er von der Teilnehmeranzahl abhängig. "Mehr als 150 000 sind mir einen großen Bericht wert. Erst dann würde ich die Demonstration auch als Erfolg werten."

Die Briten beobachteten die Demo dagegen nicht ganz so genau. "Wir denken nicht, dass die Deutschen rassistischer sind als andere Völker auch", sagte der Deutschlandkorrespondent des Daily Telegraph, Toby Helm, am Donnerstag. Von seiner Redaktion hatte er keine Vorgabe für seinen Artikel bekommen. Ein mittleres Stück würde dabei herauskommen, schätzte er. Die historische Dimension des Tages - "Reichskristallnacht" und Maueröffnung - müsse er erklären.

Die Leser der New York Times werden mindestens eine Kurzmeldung im Blatt finden, gab Victor Homola, Rechercheur bei der Berliner Niederlassung, an. "Aber wir haben vor Jahren schon einmal die gesamte Problematik des 9. November groß aufgemacht. Das geht jetzt nicht schon wieder. Außerdem ist unser Korrespondent Roger Cohen auf Reisen."

Ganz gelassen wollte Eric Gujer, Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung gestern "mal auf der Demonstration vorbeischauen". Im Endeffekt würde sein Artikel - etwas weniger als eine Viertelseite - eine Mischung aus eigenen Eindrücken und Agenturmeldungen sein. "Wir regen uns über dieses Thema nicht so auf", gab er an. "Dass die Deutschen anständig sind, davon geht der Schweizer aus."

Das größte Engagement zeigten die Berliner Redakteure der türkischen Zeitung Hürriyet. "Wir werden mit vier oder fünf Kollegen von der Demonstration berichten", erklärte gestern Ahmet Kühla"i. Er ging davon aus, in der heutigen Europa-Ausgabe zwei volle Seiten dafür zur Verfügung zu haben. "Schließlich leben in diesem Land über zwei Millionen Türken, die von rechtsextremen Anschlägen in erster Linie betroffen sind." Seit Tagen fordere die Zeitung ihre Leser auf, ebenfalls mitzumarschieren. Kühla"i sagte: "Mir ist egal, wie viele Menschen teilnehmen. Ich finde es schon toll, dass die Demo überhaupt stattfindet."

rcf

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