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Berlin: Demo-Marathon: Kriegsgegner hoffen auf 100 000 Teilnehmer Seit Beginn des Angriffs auf den Irak gab es in Berlin 66 Aufzüge und Kundgebungen

Heute startet erneut ein großer Friedensmarsch durch die Innenstadt

Auf 66 Kundgebungen und Demonstrationen haben die Berliner seit Beginn des IrakKrieges gegen den Feldzug am Golf protestiert. Am „Tag X“, dem ersten Kriegstag, gingen bundesweit 210 000 Menschen auf die Straßen – davon allein 150 000 in Berlin. Schon vor Kriegsbeginn demonstrierten an zwei Samstagen Hunderttausende gegen den drohenden US-Militäreinsatz. Doch – aller Erschöpfung zum Trotz – für heute hofft die Friedensbewegung noch einmal auf eine große, eindrucksvolle Demonstration in der Hauptstadt.

Weder die Polizei noch die Veranstalter selbst wagen diesmal eine definitive Einschätzung, wie viele Kriegsgegner heute Nachmittag ab 14 Uhr von Ernst-Reuter-Platz und Potsdamer Platz zur Siegessäule ziehen werden. Der Autoverkehr, davor warnt die Polizei aber deutlich, wird im Tiergarten auf jeden Fall weitgehend zum Erliegen kommen. Denn mit einigen Zehntausend Menschen rechnen eigentlich alle, es könnten auch noch einmal mehr als 100 000 Demonstranten werden. „Wir hoffen, dass wir sehr, sehr viele werden“, sagt Laura von Wimmersperg, die Organisatorin der Friedenskoordination. Zahlen zu nennen sei „unseriös“. Diese Demonstration sei von einem losen Netzwerk verschiedener Initiativen, Kirchenkreise, Gewerkschaften und Parteienvertretern vorbereitet. Jeder mobilisiere mit den eigenen Mitteln, hauptsächlich über das Internet. Eine zentrale Struktur wie bei vorangegangenen Protesten gibt es nicht.

So spricht etwa neben anderen der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer. Einen eigenen Aufruf aber hat der DGB ebenso wenig organisiert wie Busse nach Berlin. Insgesamt ist die Mobilisierung auf Berlin beschränkt.

Der Einsatzleiter, Polizeidirektor Jürgen Schubert, erwartet „100 000 Teilnehmer aufwärts“ für die Demo. Die Lichterkette, die Schülerdemonstrationen der letzten Tage und auch die Großkundgebung am 15. Februar hätten gezeigt, „dass Zahlen über 100 000 nicht unrealistisch sind“, sagte der Leiter der Polizeidirektion 3 dem Tagesspiegel. 650 Polizisten werden eingesetzt, darunter die Anti-Konflikt-Teams mit ihren Baseballkappen.

„Die große Masse wird friedlich demonstrieren“, ist Schubert überzeugt. Sorgen könnten der Polizei lediglich „emotionalisierte kleine Gruppen“ bereiten. Er denkt dabei vor allem an arabische Jugendliche. Aus dem rechten Spektrum gebe es keinerlei Mobilisierung. Auch in der linken Szene sei die Resonanz nur schwach. Allerdings hat auch die Polizei die gewaltsamen Auseinandersetzungen bei Anti-Kriegs-Demos in Hamburg und Straßburg verfolgt, und ist deshalb auf alles vorbereitet. Ob es am Rande Gewalt gibt, hänge auch von den Fernsehbildern des Freitagabends ab, sagte ein Beamter. Wenn dort ein Bombenangriff mit vielen irakischen Zivilopfern gezeigt würde oder Bilder von einem irakischen Gegenangriff, dann könne die Stimmung hochkochen. „Dann reicht es, dass eine amerikanische Flagge angezündet wird und der Funke springt über.“

Der Leiter der Versammlungsbehörde, Joachim Haß, sagte, dass es unmöglich sei, die Zahl der Teilnehmer seriös zu schätzen. Der Veranstalter erwarte 100 000, sagte Haß. Allerdings seien keine Sonderbusse aus dem Bundesgebiet angemeldet.

Bei der großen Anti-Kriegsdemo am 15. Februar war die Polizei von der großen Zahl der Demonstranten völlig überrascht worden. 50 000 hatte die Polizei intern erwartet, es kamen vor sechs Wochen dann 500 000. Die Polizei hatte am 15. Februar 300 000 Menschen gezählt, offiziell aber die höhere Zahl der Veranstalter genannt. In der Polizeiführung hieß es anschließend, dass „die Aufklärung im Vorfeld nicht sehr intensiv war, weil keine Ausschreitungen befürchtet wurden“. Die linke Szene ruft am heutigen Samstag zu einer eigenen Demonstration um 20 Uhr am Heinrichplatz in Kreuzberg auf. Außerdem gibt es für den Nachmittag einen Aufruf zu einer gewaltfreien Sitzblockade vor der Bundeswehrkaserne in Geltow bei Potsdam. app/babs/Ha/lee

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