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Berlin: Demo mit rosa Blütenblättern

Am Schluss erinnert nur eine Spur von rosa Blütenblättern auf der Ackerstraße an die Demo. Die Gemeinde hat sich längst auf den Hof des Hedwigs-Krankenhauses zum Mittagessen zurückgezogen.

Am Schluss erinnert nur eine Spur von rosa Blütenblättern auf der Ackerstraße an die Demo. Die Gemeinde hat sich längst auf den Hof des Hedwigs-Krankenhauses zum Mittagessen zurückgezogen. Der Weihrauchgeruch hat sich aufgelöst, die Leute hinter den Fenstern sind wieder verschwunden. Am Koppenplatz haben die Kinder von ihrem Spielplatz wieder Besitz ergriffen. Und die Polizei braucht man bei einem Fronleichnamsumzug sowieso nur wegen der Autofahrer.

Auch wenn Gebet statt Krawall angesagt ist, Gesänge die Parolen ersetzen: Pater Christophe Blin, Seelsorger der katholischen Gemeinden St. Adalbert und Herz Jesu in Mitte, will die am Sonntag nachgeholte Prozession (der Feiertag war am Donnerstag) durchaus als Demonstration verstanden wissen. Als Glaubensbekenntnis auf offener Straße, als Einladung an die Umstehenden, zum Mitkommen. Spontan schließt sich zwar niemand den ungefähr 300 Katholiken an, die hinter vielen Ministranten und einem Baldachin durch die Spandauer Vorstadt ziehen. Aber einige bleiben doch stehen.

Demonstrativ glauben, aber ohne Überlegenheitsanspruch: Das hatte Blin in seiner knappen, prägnanten Predigt in der bis auf den letzten Platz gefüllten Kirche St. Adalbert hinter einer Hofdurchfahrt in der Torstraße gefordert. Das Fronleichnamsfest sei in erster Linie das Fest der Hingabe Christi, hatte er gleich zu Beginn des Gottesdienstes gesagt. Die Katholiken feiern seit dem 13. Jahrhundert am zweiten Donnerstag nach Pfingsten Sakrament der Eucharistie und damit der Gegenwart Jesu. Sie tragen die zum Leib Christi gewandelte Oblate in einem kostbaren Gefäß ns Monstranz für alle sichtbar durch die Straßen.

Für alle sichtbar: Das hieß in Zeiten der Gegenreformation auch und gerade wahrnehmbar für die protestantischen Nachbarn, in Zeiten des Kulturkampfs unübersehbar für das wilhelminische Deutschland, in Zeiten staatlicher Repression sollte es unbeirrt wirken für die jeweiligen Machthaber. Der Rückgriff auf die Tradition sei aber durchaus auch als Element der Selbstvergewisserung zu sehen, sagt Pater Brin. Nicht umsonst wird seit den ersten Fronleichnamsfesten überhaupt ein Lied immer wieder gesungen, und bis heute meist auf Lateinisch: „Tantum Ergo Sacramentum“, das auf Thomas von Aquin zurückgehen soll.

Die triumphierende Kirche will Brin nicht durch Mitte ziehen sehen. Sondern eher eine Gemeinschaft von Leuten, die wissen, was sie wollen. Die in den Lesungen und im 6. Kapitel des Johannes-Evangeliums die biblischen Grundlegungen für den Glauben an das Sakrament sehen. Und die an diesem so passenden Sonntag Clemens in ihre Gemeinschaft aufnehmen. Seine Erstkommunion wurde in der feierlichen Messe nachgeholt. Anschließend, bei der Prozession, singt er bereits mit. Jörg-Peter Rau

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