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Berlin: Den Tanzmarathon überstehen

Wer 29 Stunden im Club war, braucht gute Ratschläge, um wieder fit zu werden. Wir haben nachgefragt bei den Fans des Ostgut, die einen langen Abschied feierten.

Von Martín E. Hiller

und Ole Meiners

Bis zur Mitternachtsstunde von Sonntag auf Montag war sie geplant, schließlich lief sie durch bis gestern fünf Uhr: die letzte Party im Ostgut, das damit dicht macht. Der Abschied war ein voller Erfolg, wie die Macher des Clubs resümierten. Kamen in den ersten Stunden der Party Sonnabend Nacht noch überwiegend fremde Besucher, darunter viele Gäste aus England, Frankreich oder den USA, befanden sich im Verlauf des Sonntags dann doch die Stammgäste in der Überzahl. „Es hat einen schon irgendwie sentimental gemacht, wenn die Gäste Geschichten aus den letzten vier Jahren ausgepackt haben“, berichtet ein Sprecher des Ostguts. Insgesamt hatten jene Besucher, die die ganze Zeit durchgehalten hatten, am Ende einen Party-Marathon von 29 Stunden hinter sich.

An sich schon eine lange Zeit, doch wie viel länger kann sich der Tag nach einem solchen Durchmarsch hinziehen. Routinierte Partygänger haben für solche Gelegenheiten ein festes Ritual der internen wie externen Körperpflege entwickelt, das sie schnellstmöglich wieder auf Trab bringen soll und etwa wie folgt aussehen kann:

Gleich nach dem Aufstehen gibt es einen starken Kaffee mit viel Milch und, ganz wichtig, noch mehr Zucker, denn dieser enthält zunächst mal die erste Energie des Tages. Aus demselben Grund folgt eine halbe Stunde später eine Banane, deren Serotoningehalt nicht nur Sportlern, sondern auch Nachtschwärmern auf die Beine hilft. Wenn der Magen dann nicht mehr völlig leer ist, nimmt man ein bis 1,5 Gramm des Klassikers Aspirin ein, um sich anschließend an einer leichten Scheibe Toastbrot zu versuchen. Wie für das gesamte Procedere gilt allerdings auch hier: Kein Stress! Wenn der Verdauungsapparat nicht mitmacht, dann lässt man es eben erstmal sein.

Solchermaßen angefüttert belebt man sodann den Körper auch äußerlich in Form einer langen, heißen Dusche, die vor allem die von Alkoholdampf, Trockennebel und Zigarettenrauch verstopften Atemwege öffnen soll. Nachdem man dann noch etwaige kleinere Wunden wie Fußblasen oder von zerbrochenen Gläsern herrührende Schnittverletzungen verarztet hat, gönnt der Herr sich eine ordentliche Rasur, die Dame ein nicht weniger liebevolles Make-Up. Halbwegs wiederhergestellt kann man schließlich den Kontakt mit der Umwelt wieder aufnehmen – der freilich nicht gleich allzu intensiv ausfallen sollte.

Profis empfehlen einen Walkman zur Ausblendung störend-seichter Gespräche in der U-Bahn sowie wahlweise Schirmmütze oder Sonnenbrille zwecks Vermeidung direkter Blickkontakte mit den Mitbürgern. Als langfristige Wohlfühlmaßnahme wird ergänzend noch der Besuch einer Sonnenbank ans Herz gelegt. Derart wiederhergestellt begibt sich der Club-Gänger zurück in sein Alltagsleben. Zumindest vorerst, denn viele Raver und andere Nachtschattengewächse können nicht völlig aus ihrer Haut. Früher oder später folgt ganz sicher der nächste Tanzexzess mit anschließendem Absturz – wenn auch nicht mehr im Ostgut.

Martín E. Hiller, Ole Meiners

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