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Berlin: Der Angeklagte ließ seine Geliebten im Gerichtssaal sitzen - Komplizin erhielt drei Jahre Haft

Er hatte mehrere Geliebte und soll 2,4 Millionen Mark bei der Barmer Ersatzkasse veruntreut haben: Klaus-Dieter H. Gestern, am zweiten Verhandlungstag, sollte gegen ihn und die sechs mit angeklagten Frauen, die ihn bei seinen betrügerischen Geschäften unterstützt haben, das Urteil gefällt werden.

Er hatte mehrere Geliebte und soll 2,4 Millionen Mark bei der Barmer Ersatzkasse veruntreut haben: Klaus-Dieter H. Gestern, am zweiten Verhandlungstag, sollte gegen ihn und die sechs mit angeklagten Frauen, die ihn bei seinen betrügerischen Geschäften unterstützt haben, das Urteil gefällt werden. Doch der Hauptangeklagte hatte sich abgesetzt. Nachdem H. bis gegen 9.30 Uhr nicht erschienen war, trennte der Vorsitzende Richter Baae das Verfahren gegen den Hauptangeklagten ab und setzte den Haftbefehl in Kraft.

Am vergangenen Montag war der Prozess gegen den ehemaligen leitenden Angestellten der Barmer Ersatzkasse eröffnet worden. Die Staatsanwaltschaft legte Klaus-Dieter H. zur Last, gemeinsam mit der 55 Jahre alten Ex-Buchhalterin Karin J. zwischen November 1993 und Oktober 1998 mit Hilfe fiktiver Geschäftsvorgänge jeweils Beträge von bis zu 20 000 Mark im EDV-System der Ersatzkasse als tatsächliche Leistungsabrechnungen erfasst und als Abrechnungsbeiträge auf die Konten der fünf mitangeklagten Frauen ausgestellt zu haben. Karin J. soll dann die jeweiligen Überweisungsvorgänge als Ausgaben-Anordnungen an die Buchhaltung übergeben haben, wo diese ausgezahlt wurden. Die Frauen hatten die Geldbeträge dann an Klaus-Dieter H. und Karin J. zurückgegeben. Die Frauen, allesamt zwischen 46 und 65 Jahre alt, waren Verehrerinnen und Geliebte von Klaus-Dieter H. und hatten am Montag zum Teil unter Tränen bestritten, von den kriminellen Machenschaften H.s gewusst zu haben und sich selbst als Opfer von Klaus-Dieter H. bezeichnet. Der hatte die Frauen am letzten Verhandlungstag schwer belastet und behauptet, dass diese "bloß ihre Haut retten wollten". Der Staatsanwalt beantragte in seinem Plädoyer gegen Karin J. eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren und für die mitangeklagten Frauen Strafen zwischen anderthalb Jahren und Geldstrafen. Die Kammer verurteilte lediglich Karin J. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Die fünf Mitangeklagten wurden frei gesprochen.

In der Urteilsbegründung wies Richter Baae darauf hin, dass nicht auszuschließen sei, dass die Frauen wussten, dass das Geld durch betrügerische Machenschaften erworben worden war. Aber sicher sein konnte sich die Kammer nicht, führte der Richter weiter aus. Sicher sei nur, dass sie dem Charme von H. erlegen waren. Ausdrücklich verteidigte der Vorsitzende Richter die damalige Entscheidung, den seit heute Flüchtigen Klaus Dieter H. auf freiem Fuss zu belassen. Schließlich habe sich der Angeklagte bislang dem Verfahren gestellt und sei zu jedem Prozesstermin rechtzeitig erschienen. Nur durch die damalige Außerkraftsetzung des Haftbefehls durch die Strafkammer sei es für die Barmer Ersatzkasse möglich gewesen, einen Teil des veruntreuten Geldes zurückzuerlangen. Im Falle einer sofortigen Festnahme hätte er gewiss keine Sicherungshypothek auf sein Haus und die Grundstücke seiner Eltern aufgenommen. Dadurch konnte über eine Million Mark an die geschädigte Krankenkasse zurückerstattet werden.

Peter Murakami

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