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Berlin: Der Appetit auf Amerika ist gezügelt

Schlechte Zeiten für Lebensart aus den USA? Einzelne Gastwirte schenken keine Coca Cola mehr aus, das Geschäft mit American Pizza stagniert

DER KRIEG IM IRAK: ZWISCHEN DEN FRONTEN IN BERLIN

Burger essen, Coca Cola trinken, vielleicht auch noch amerikanische Pizza essen? Seit dem Irak-Krieg scheint vielen Berlinern der Appetit auf amerikanische Kost vergangen. Einzelne Wirte schenken aus Protest gegen den US-Angriff keine Coca Cola mehr aus, andere überlegen, es ihnen gleich zu tun. „Wir sind eben ein amerikanisches Symbol“, sagt Klaus Hillebrand aus der deutschen Hauptverwaltung von Coca-Cola, die bis Ende Juni von Essen nach Berlin umgezogen sein wird. „Erste Hinweise auf regionale Proteste“ seien dem Konzern nicht verborgen geblieben, aber Umsatzeinbußen seien noch nicht zu verzeichnen. Offiziell wolle sich das Unternehmen dazu ohnehin nicht äußern. Hillebrand hält es für pietätlos, im Zusammenhang mit Krieg von Umsätzen zu sprechen.

Aber es gibt weltweite Boykott-Aktionen gegen US-Produkte, und die sprechen sich per Internet herum. Ketchup, Reis und Whiskey amerikanischer Herkunft sind dort verpönt, auch Fast Food steht auf dem Index. McDonald’s und Burger-King wollen nichts von Umsatzeinbußen in Berlin wissen, die Restaurants sind gut besucht. Aber der Irak-Krieg stellt bei vielen Berlinern die Lust auf US-Lebensart zumindest auf eine harte Probe. „Was die Amis machen, find’ ich schlimm, aber ich bin nun mal an Burger und Cola gewöhnt“, erklärt ein Gast bei Burger-King am Alexanderplatz. Außerdem höre er auch weiter gern amerikanische Musik und hoffe auf den nächsten amerikanischen Präsidenten. Andere zeigen sich weniger duldsam. „Seid Ihr eine amerikanische Kette?“, fragt ein Kunde in der Filiale von „Coffee Culture“ an der Luisenstraße in Mitte, bevor er bestellt. Die Frau hinter dem Tresen schüttelt den Kopf. Bei einer anderen Auskunft wäre er gegangen, sagt der Kunde.

„Es ist katastrophal“, schimpft der Besitzer des Lieferdienstes „American Pizza Big Joe“ aus der Joachim-Friedrich-Straße in Halensee. Der Mann, ein Araber, wirkt verzweifelt. „Ich überlege, den Namen ,American‘ durchzustreichen.“ Der Autohändler von „American Dream Cars“ an der Späthstraße in Britz hat dagegen mit dem Namen keine Schwierigkeiten, seine US-Limousinen verkaufen sich weiterhin. „Keine Einbrüche“ meldet auch Reichelt bei seinem amerikanischen Sortiment, aber das ist ohnehin überschaubar. Und das Geschäft „American Lifestyle“ an der Tempelhofer Attilastraße, ein Fanshop für Amerika-Freunde, musste sogar völlig unerwartet Flaggen nachbestellen. „Wir sind wohl eine Ausnahme.“

Richard Simmons, Organisator des Deutsch-Amerikanischen Volksfestes, fände es schade, wenn der traditionelle Rummel am Hüttenweg durch atmosphärische Störungen belastet werde. „Was Politiker machen, darf doch die Freundschaft zwischen beiden Völkern nicht belasten“. Es handele sich nun mal um ein ausdrückliches Freundschaftsfest. Beim diesjährigen Thema, den großen Seen Nordamerikas, stehe schließlich auch Kanada im Mittelpunkt. Die Vorbereitungen für das Fest vom 25. Juli bis zum 17. August liefen weiterhin planmäßig.

Christian van Lessen

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