zum Hauptinhalt

Berlin: Der ehemaliger Prorektor der Universität Heidelberg ist seiner märkischen Geburtsstadt treu geblieben und hilft ihr mit seinem Engagement

Der Tipp kam aus dem Brandenburger Bauministerium: "Macht doch mal was über diesen Heidelberger Medizinprofessor." Schließlich sei es nicht zuletzt der von ihm ins Leben gerufenen Bürgerinitiative zu verdanken, dass Wittstock gegenüber anderen Ackerbürger-Städten in seiner Entwicklung weiter sei.

Der Tipp kam aus dem Brandenburger Bauministerium: "Macht doch mal was über diesen Heidelberger Medizinprofessor." Schließlich sei es nicht zuletzt der von ihm ins Leben gerufenen Bürgerinitiative zu verdanken, dass Wittstock gegenüber anderen Ackerbürger-Städten in seiner Entwicklung weiter sei. "Er ist wirklich ein Glücksfall für Wittstock!" Aber Klaus Rother würde solche persönlichen Lorbeeren natürlich weit von sich weisen. "Es geht nicht um mich, sondern allein um die Stadt." Doch dies läßt sich nicht voneinander trennen. Und es ist tatsächlich eine jener ungewöhnlichen Erfolgsgeschichten aus der sonst eher gewöhnlichen märkischen Provinz, die sich gelegentlich mit Anstößen von Außen so schwer tut.

Man muß wissen: Dieser aus dem Westen gekommene Lokalpatriot ist immerhin 73 Jahre alt. Lange Zeit, bevor er vor einigen Jahren in Pension ging, war Klaus Rother immerhin Prorektor für Medizin an der renommierten Heidelberger Universität. Einer, der viel herumgekommen ist, einer, der Gott und die Welt kennt, der die Werbetrommel rühren kann. Doch vor allem ist der seit den 60er Jahren in Heidelberg lebende Mann, der aus einer zum Wittstocker Urgestein gehörenden Buchhändlerfamilie stammt, seiner Geburts- und Heimatstadt im Norden Brandenburgs treu geblieben. Genauer: Tätig treu, trotz seines betagten Alters. Zusammen mit anderen Exil-Wittstockern, die es nach dem Krieg in den Westen verschlagen hatte, hat Rother gleich nach dem Mauerfall die Vereinigung "Freunde Wittstocks" gegründet.

Aus dem Häuflein der sieben Aufrechten ist ein dreißigköpfiger Verein geworden, dem längst auch Einheimische angehören. Was das ehrenamtliche Gremium für die alte Bischofsstadt geleistet hat, kann sich wirklich sehen lassen, wie Klaus Eichler, Abteilungsleiter für Stadtsanierung im Brandenburger Städtebauministerium bestätigt. So war es allein schon ein Segen, dass auf Vermittlung von Vereinschef Rother, der 1990 bei der Landesregierung in Baden-Württemberg um Aufbauhilfe nachfragte, die halb landeseigene Kommunale Entwicklungsgesellschaft des Musterländles in der Prignitzstadt uneigennützig Planungshilfe leistete. "Das hat Wittstock im Unterschied zu vielen anderen ostdeutschen Städten", erzählt Rother, "vor Glücksrittern und Haien bewahrt."

Kontakte des Vereins waren es auch, die dazu führten, daß sich ein erfahrener Stadtsanierer aus dem Westen in das "märkische Rothenburg" verliebte - und blieb. Ein Hamburger "Wittstocker" entwarf mit Studenten den Grünordnungsplan für die Stadt. Vor allem aber: Ohne die Kontakte und das Engagement des Vereins wäre wohl auch das in Deutschland bislang einmalige Museum des 30-jährigen Krieges, das im vergangenen Jahr zur 750-Jahrfeier-Wittstocks und 350 Jahre nach dem Westfälischen Friedensschluss eröffnet wurde, nicht zustande gekommen. Ein geeigneter Ort: Immerhin hatte die berühmte Schlacht im kleinen brandenburgischen Wittstock, anno 1636, bei der die mit Frankreich verbündeten Schweden die zahlenmäßig überlegenen kaiserlichen und sächsischen Truppen vernichtend schlugen, damit sozusagen Paris gerettet. Tragischerweise verlängerte die Schlacht allerdings auch den Krieg, der erst zehn Jahre später, nach den dann insgesamt 30 schrecklichen Jahren, zu Ende ging. Aber die Wittstocker legen ohnehin Wert darauf, daß sie "kein Kriegsmuseum, sondern ein Antikriegsmuseum" innerhalb ihrer Stadtmauer haben, die übrigens noch fast komplett erhalten ist.

An diese widersprüchliche Geschichte erinnert in Wittstock nunmehr auch ein Denkmal, ein Friedensengel, natürlich gestiftet von den "Freunden" der Stadt. Und so fort. Freilich, für einen echten Lokalpatrioten wie Klaus Rother geht es trotzdem nicht schnell genug voran. Ihn ärgert, dass Wittstock selbst so wenig die Werbetrommeln rührt, dass er in seiner Wahlheimat Heidelberg allenfalls negative Schlagzeilen über den umstrittenen und aus seiner Sicht für die Stadt eher schädlichen Bundeswehr-Bombenabwurfplatz, über einen Überfall auf eine Dnöner-Stand oder den Unfall von Stars der Serie Gute-Zeiten-Schlechte-Zeiten auf der nahen Autobahn lesen kann. Aber noch mehr stört Rother, dass die Projekte zur Wiederbelebung des früheren Militärflugplatzes und des stillgelegten Bahnhofs nicht recht vorankommen, welche die durch das Aus des Obertrikotagenwerkes - zu DDR-Zeiten größter Arbeitgeber hier - besonders gebeutelte 12 000-Einwohner-Stadt voranbringen könnten.

Und schon gar kein Verständnis hat Klaus Rother dafür, dass die vom Verein gekauften vier Werbe-Autobahnschilder "Historisches Wittstock" vor vier Jahren eingemottet werden mussten, weil sich irgendwelche Behörden querstellen. Wahrlich, die "Freunde Wittstocks" haben noch genügend zu tun.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false