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Der etwas andere Denkmalschutz: Ketten für das Sowjetische Ehrenmal

Touristen posieren lieber auf statt vor den Panzern des Sowjetischen Ehrenmals. Die Stadt will das Denkmal an der Straße des 17. Juni jetzt abriegeln.

Die Straße des 17. Juni ist wieder mal Fanmeile. Nach dem Berlin-Marathon bleibt die Ost-West-Verbindung bis zum 8. Oktober für das Volksfest zum Tag der Deutschen Einheit gesperrt. Seit Montag laufen dafür die Vorbereitungen, damit Berliner und Touristen vom Großen Stern bis zum Brandenburger Tor flanieren können. Auch das Sowjetische Ehrenmal im Tiergarten ist während der Einheitsfeierlichkeiten vom 3. bis zum 6. Oktober abgeriegelt. Für das Denkmal, das die Sowjetunion für die Toten der Roten Armee errichten ließ, könnte es eine Probe für eine dauerhafte Sperrung werden. Denn die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erwägt, zumindest die beiden T-34-Panzer am Eingang künftig dauerhaft mit Kettensperren zu sichern, um zu verhindern, dass Touristen für Erinnerungsfotos auf die Panzer steigen.

Auch die beiden Studenten Sarah Jones (24) und Matthew Briggs (27) aus Denver lassen sich vor einem der zwei großen Panzer, die die acht Meter hohe Bronzestatue eines Rotarmisten in der Mitte des Sowjetischen Ehrenmals im Tiergarten einrahmen, fotografieren. Eher zufällig stoppten sie hier auf ihrem Spaziergang von der Siegessäule bis zum Brandenburger Tor. „Matthew musste erst mal sein Smartphone zücken und im Internet nach der Bedeutung des Denkmals suchen“, sagt die Literaturstudentin. Nicht alle Touristen stellen sich für ein Foto mit den Panzern aber brav daneben, weiß Anke Wünnecke von Stadtentwicklungsverwaltung. „Wir sehen und hören leider immer wieder, dass Touristen auf die Panzer raufklettern, um ein Foto zu machen“, sagt Wünnecke. „Das ist kein Spielplatz und des Denkmals unwürdig, aber leider ist das nicht in allen Köpfen angekommen.“

Das kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs errichtete und im November 1945 eingeweihte Ehrenmal im Tiergarten war seinerzeit das erste Gedenkbauwerk für die Rotarmisten, die im Kampf um Berlin gefallen waren. Mehr als 2000 Soldaten liegen im hinteren Teil des Ehrenmals begraben. Zwei weitere sowjetische Ehrenmale befinden sich im Treptower Park und in der Schönholzer Heide.

Sowohl im Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 zur Wiedervereinigung Deutschlands, wie auch im Gräbergesetz von 1992 wurde festgelegt, dass der Bund zur würdigen Erhaltung und Pflege der Gedenkstätten verpflichtet ist. Die Senatsverwaltung sieht diesen Anspruch erfüllt. „Der Pflegezustand des Ehrenmals ist nicht schlecht“, sagt Wünnecke. „Wir kümmern uns sowohl um die Sanierung der Baulichkeiten wie auch um die gärtnerische Pflege.“ In Abstimmung mit dem Bund wird momentan über eine größere Sanierung des Ehrenmals diskutiert, bei der nicht nur die Pfeiler des Hauptmonuments mit den eingravierten Namen der gefallenen Soldaten erneuert werden sollen, sondern die Panzer eventuell auch mit einer Kette abgesperrt werden, damit dort nicht mehr hochgeklettert werden kann. „Die Sanierung zahlt zu 100 Prozent der Bund, deshalb muss der Umfang noch abgestimmt werden“, so Wünnecke. Möglich sei aber auch, dass die Besucher des Ehrenmals mit Hinweisschildern vor dem Betreten der Panzer gewarnt werden. Ein ständiger Wachschutz sei momentan nicht finanzierbar. Vom Mauerbau 1961 bis zum Fall der Mauer 1989 wurde das Ehrenmal von Soldaten der Sowjetarmee bewacht. „Der linke, hintere Gebäudekomplex des Ehrenmals im Tiergarten ist aber an den Zentralen Objektschutz der Polizei vermietet worden“, sagt Wünnecke. „Die haben ein Auge auf die Ehrenmale und alle umliegenden Objekte.“ Ganz vermieden werden kann das

Posieren neben den Panzern aber nicht, ist sich Wünnecke sicher. Auch Aljoscha (7) will auf den Panzer klettern, sein Vater Alexej Schirjajew hält ihn davon ab. Schirjajew ist gemeinsam mit Frau und Kind aus Sankt Petersburg gekommen, eigentlich um am Berliner Marathon teilzunehmen. Eine leichte Fußverletzung habe ihn davon abgehalten. Nun sehe sich die Familie Sehenswürdigkeiten an. Das Sowjetische Ehrenmal gehört für sie dazu. „Das ist unsere Geschichte. Wir haben damals hart gekämpft. Das muss man ehren. Auch Aljoscha soll das wissen“, sagt Schirjajew.

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