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Streit um ein Kopftuch: Die junge Juristin Betül Ulusoy wollte ein Referendariat beim Bezirksamt machen.

© Anna Agliardi

Der Fall Betül Ulusoy in Berlin: Neukölln droht neuer Ärger ums Kopftuch

Sie wollte ein Referendariat beim Berliner Bezirksamt Neukölln machen, doch das Rechtsamt nannte ihr Kopftuch ein "dienstliches Problem". Nun beschäftigt der Fall der jungen Muslima Betül Ulusoy die Datenschützer.

Im Fall der muslimischen Referendarin Betül Ulusoy droht dem Bezirksamt Neukölln juristischer Ärger. Der Datenschutzbeauftragte Alexander Dix prüft, ob sich das Amt in der Auseinandersetzung mit Ulusoy um ihr Kopftuch rechtswidrig verhalten hat. Es gehe um die Frage, „ob das Bezirksamt Neukölln unter Verletzung des Personaldatenschutzes Daten über Frau Ulusoy veröffentlicht hat, die über eine Richtigstellung hinausgehen.“

Hintergrund des Streits ist die Bewerbung der angehenden Juristin um eine Ausbildungsstation im Rechtsamt. Als die Frau nach einem Telefonat erstmals persönlich erschien, hieß es, das Kopftuch sei ein „dienstliches Problem“, das vor einer Zusage „bewertet“ werden müsse. Die Rechtsreferendarin beschwerte sich via Facebook über die Haltung im Bezirksamt, die sie als Ablehnung interpretierte.

Der Vizebürgermeister nannte es eine "Polit-Show"

Dies wiederum nahm die Behörde zum Anlass, Ulusoy Täuschung vorzuwerfen. Sie habe „durch die Presse die unwahre Behauptung verbreiten lassen, dass ihr das Bezirksamt eine Absage erteilt hätte“. Ein „völlig inakzeptables Verhalten“, rügte Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Unter der Überschrift „Bezirksamt erklärt Faktenlage im Fall der Rechtsreferendarin Betül Ulusoy“ veröffentlichte sie eine Pressemitteilung, in der haarklein geschildert wurde, wie die Kontakte und Kontaktversuche mit der Betroffenen verliefen.

Neuköllns Vizebürgermeister Falko Liecke (CDU) setzte noch einen drauf. Er hielt der Frau eine „Polit- Show“ vor. Die angehende Juristin habe ihre politischen Mäßigungspflichten verletzt. Liecke forderte dienstrechtliche Maßnahmen: „Die Präsidentin des Kammergerichts muss dieses Verhalten missbilligen. Denn sie hat sich geriert als Bürgerin, der Unrecht getan wurde, was ja nicht der Fall ist.“

Buschkowsky duldete keine Beschäftigten mit Kopftuch

Die ausgreifende Darlegung des Geschehens sollte dazu dienen, angebliche Vorwürfe Ulusoys zu widerlegen. Allerdings hätte sich das Amt auf die – zutreffende – Feststellung beschränken können, dass ihr die Ausbildungsstelle nicht endgültig abgesagt worden sei – stattdessen wurde mit Personaldetails gekontert.

Ohnehin ging der Streit weniger um Einzelheiten, ob oder wie der Bewerberin abgesagt worden sein soll. Es ging eher um die Linie von Giffeys Vorgänger Heinz Buschkowsky (SPD), im Rathaus keine Beschäftigten mit Kopftuch zu dulden. Tatsache ist jedoch, dass die Beschäftigung von Rechtsreferendarinnen mit Kopftuch in Berlins Verwaltung unproblematisch ist – und das Bezirksamt dennoch ein Problem daraus machte. Das Neutralitätsgesetz untersagt das Kopftuch nur im Polizei- und Justizdienst sowie in Schulen. Für Auszubildende gibt es aber Ausnahmen. Mit Einverständnis der zuständigen Stellen dürfen Referendarinnen mit Kopftuch sogar hoheitliche Aufgaben wahrnehmen, wenngleich solche Tätigkeiten in bezirklichen Rechtsämtern selten sind.

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