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Jetzt kommt wirklich alles zusammen. Frühling, und dann auch noch im Lustgarten.

© dpa

Der Frühling ist da: Der Meister im Mixen von Hormoncocktails

Die Luft seines Vorgängers knallt. Seine Luft streichelt. Kurzporträt der am sehnlichsten erwarteten Jahreszeit.

Auf der Pizza Quattro Stagioni hat er sich das Viertel mit Artischocken reserviert. Also einer Pflanze mit Herz. Das sagt schon mal einiges über ihn. Jedes Jahr soll er an einem bestimmten Tag anfangen, so steht es im Kalender. Totaler Blödsinn. Wann er beginnt, sagt einem das Gefühl.

Dieses Gefühl gibt’s im Jahr nur einmal. Prickelnd leicht und doch stark zugleich. Manchmal auch überschäumend und beschwipsend, als könne jetzt alles passieren. Er ist der Meister im Mixen von Hormoncocktails.

Die Sinne befreit er. Die Luft seines Vorgängers knallt und zieht. Seine Luft streichelt. Er hüllt einen ein mit Helligkeit bis zum Horizont. Er verführt zu Verträumtheit, zu kurzen Ärmeln, zu blumig-ausschweifendem Schreiben bis zum Kitsch – also Schluss jetzt damit.

Obwohl er nicht der Wärmste von vier Geschwistern ist, wird er am heißesten herbeigesehnt. Vor allem in Berlin. Was das aussagt? Nix eigentlich. Das könnte der Einfluss der Zugezogenen sein, die in ihrer süd-, südwest- oder westdeutschen Heimat nur ein Winterchen erlebt und sich noch immer nicht dran gewöhnt haben, dass es in Berlin kalt ist, wenn es kalt ist.

Noch wirkt er unentschieden: Abnehmen oder Eisbecher?

Da ist er, wenn in den Cafés drinnen wieder freie Platzwahl herrscht, weil alle draußen sitzen wollen, aber wie gesagt, man kann es nicht wissen und berechnen, sondern nur fühlen. Aber wenn es einmal so weit ist, will er einen nicht mehr zurückfallen lassen ins dunkelkalte Loch, da können noch so viele Eisheilige aufmarschieren.

Es ist dennoch nicht so, dass alles gleich gut ist, wenn er kommt. Nö. Er prüft erst einmal. Die Profi-Radfahrer zum Beispiel, ob sie überhaupt gut genug sind, um sich für seinen Nachfolger zu qualifizieren. Das macht er mit den sogenannten Frühjahrsklassikern. Mailand – Sanremo ist einer davon. Paris – Roubaix ein anderer. Der wird die Hölle des Nordens genannt, und wer sein Rad über die Kopfsteinpflasterstraßen getreten hat, weiß auch warum.

Seine Rituale können nerven. Mit dem großen Hausputz versucht er, aus Deutschland eine Feudelgesellschaft zu machen. Dabei ist es doch draußen so schön. Er kann sich eben noch nicht richtig entscheiden, zwischen dicker und dünner Jacke, Abnehmen und Eisbecher. Versuchen wir es also zuerst mit einem heißen Viertel Pizza, draußen auf einer aufblühenden Wiese. Moment! Feudedelgesellschaft, Eisbecher, Pizza, Wiese? Dieses blumig-ausschweifende Schreiben – er scheint wirklich da zu sein.

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