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Berlin: Der gebildete Türke Günther Beckstein

GAZETELER RÜCKBLICK Von Suzan Gülfirat Jeden Montag im Tagesspiegel: Ein Rückblick auf die in Berlin erscheinenden türkischen Tageszeitungen. „Keine einzige Stimme für Stoiber“, titelte am Mittwoch die Tageszeitung Milliyet auf ihrer Europa-Seite.

GAZETELER RÜCKBLICK

Von Suzan Gülfirat

Jeden Montag im Tagesspiegel: Ein Rückblick auf die in Berlin erscheinenden türkischen Tageszeitungen.

„Keine einzige Stimme für Stoiber“, titelte am Mittwoch die Tageszeitung Milliyet auf ihrer Europa-Seite. Die Zeitung fragte nach dem Fernsehduell zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder und Kanzlerkandidat Edmund Stoiber elf Türken nach ihrer Meinung zum Schaureden. „Der Sieger des Duells ist Schröder“, sollen alle Interviewten gesagt haben. Einen Wahlkampf in diesen Ausmaßen, gab es noch nie. Politiker gaben den türkischen Zeitungen Interviews, schmeichelten ihren türkischstämmigen Wählern, machten ihnen Wahlversprechen, baten um ihre Stimmen.

Zum Beispiel der bayerische Innenminister Günther Beckstein: Er traf sich mit Korrespondenten des Boulevardblattes Hürriyet zum Abendessen und versprach, dass er im Falle eines Wahlsieges die Visumspflicht für Verwandtenbesuche abschaffen wolle (wir berichteten). Das kam am Freitag auf die Titelseite der Hürriyet. Am Sonnabend schrieb die Hürriyet: „Er erinnerte mit seiner bayerischen Herzlichkeit mehr an einen gebildeten Türken, als an einen Politiker.“ Beckstein habe gesagt: „Ismail muss nicht Maximilian heißen und wir haben nichts gegen liberale Moslems.“ Die EU-Mitgliedschaft der Türkei schloss er nicht aus.

Am gleichen Tag berichtete das Blatt auch, dass der „Visa-Vorstoß“ von Beckstein Berlin durcheinander gebracht habe. Die Grünen seien in Angst um ihre türkischen Wähler in Panik geraten. „Das soll Beckstein auch vor der deutschen Presse sagen“, wurde Parteichefin Claudia Roth zitiert. Die rechts-nationale Zeitung Türkiye zitierte sie am Freitag auf der Titelseite mit den Worten: „Die Türkei hat die EU-Mitgliedschaft verdient.“ Außerdem zeigten die Zeitungen am Mittwoch Fotos von ihr, wie sie in einer türkischen Imbissbude Döner schneidet. „Roth will die Stimmen der Kreuzberger Türken“ (Hürriyet), hieß es dann am nächsten Tag. FDP-Chef Guido Westerwelle soll an dieser Stelle nicht vergessen werden. Er hatte bereits vor einiger Zeit ungewöhnliche Töne von sich gegeben: „Ich weiß gar nicht, was die Leute wollen. Die meisten Türken können doch Deutsch.“

Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus der Wahlberichterstattung der türkischen Zeitungen. Und nun hat der türkischstämmige Wähler die Qual der Wahl: Die Hürriyet schaltet am heutigen Montag zehn Tage lang ein Ted-Telefon. „Wählen Sie die Hallo-Wahlen-Leitung und beteiligen Sie sich an der historischen Aktion“, rief das Blatt täglich seine Leser auf. Schätzungen zufolge stammen 500 000 deutsche Wähler aus der Türkei.

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