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Berlin: Der „heimliche Held“ Christian Ströbele

Von Suzan Gülfirat Jeden Montag im Tagesspiegel: Ein Rückblick auf die in Berlin erscheinenden türkischen Tageszeitungen. Im Februar 1999 bezeichnete die Tageszeitung Milliyet Hans-Christian Ströbele noch als „Anwalt des Terrors“, weil der grüne Bundestagsabgeordnete aus Kreuzberg mit den kurdischen Besetzern des Griechischen Konsulats in Berlin gesprochen und sich in einem Fernsehbeitrag gegen Waffenlieferungen an die Türkei ausgesprochen hatte.

Von Suzan Gülfirat

Jeden Montag im Tagesspiegel: Ein Rückblick auf die in Berlin erscheinenden türkischen Tageszeitungen.

Im Februar 1999 bezeichnete die Tageszeitung Milliyet Hans-Christian Ströbele noch als „Anwalt des Terrors“, weil der grüne Bundestagsabgeordnete aus Kreuzberg mit den kurdischen Besetzern des Griechischen Konsulats in Berlin gesprochen und sich in einem Fernsehbeitrag gegen Waffenlieferungen an die Türkei ausgesprochen hatte. Am Freitag erklärte die gleiche Zeitung den per Direktmandat ins Parlament gewählten Kreuzberger Politiker zum „heimlichen Helden.“ Denn dieses Mal hat Ströbele versprochen, dass er eine „Kampagne“ der Milliyet unterstützen will. Mit Schlagzeilen, wie „Historischer Aufruf: Gebt den Türken die doppelte Staatsbürgerschaft“ und nach dem Motto „Alle kriegen sie, nur wir nicht“, versucht die Zeitung die doppelte Staatsbürgerschaft für Türken herbeizuschreiben. Mit der „Kraft des Türken“ (Schlagzeile auf der Titelseite vom Dienstag) will die Zeitung zudem erreichen, dass „ältere Türken“ bei der Einbürgerung die Sprachprüfung nicht absolvieren müssen.

Denn für die türkischen Blätter ist klar, dass die rot-grüne Regierung ihren Sieg den Türken zu verdanken hat. Die Boulevardzeitung Hürriyet meinte, dass alle „500000 wahlberechtigte Türken“ zu den Wahlurnen gegangen sind und rechnete vor, dass die SPD nur 8864 Stimmen mehr als die CDU bekommen hat. Als Grüne und SPD-Politiker sich in türkischen Zeitungen bei diesen Wählern auch noch bedankten, schäumten in der Euphorie des türkischen Sieges die Gefühle über. „Das Ziel ist eine Million Wähler“, lautete Montag der Titel einer Hürriyet-Kolumne. Und so rechnete der Autor diese Zahl aus: „In Deutschland leben etwa drei Millionen Türken. Wer weiß, wie viele von ihnen wahlberechtigt sein könnten. (…) Es wäre sehr schön, wenn das Zentrum für Türkeistudien von Dr. Faruk Sen diese Zahl herausbekommen könnte. Aber nehmen wir an, dass etwa 1,5 Millionen Menschen deutsche Staatsbürger sind. Gehen wir davon aus, dass eine Million von ihnen wahlberechtigt sind. Das ist mein Traum.“

An diesem Tag zeigte die Zeitung auf zwei Seiten Aufnahmen aus bundesdeutschen Wahllokalen. War es Zufall, haben die Fotografen den passenden Moment abgewartet oder haben sie etwa die deutschen Wähler aus dem Bild geschickt? Jedenfalls waren auf den Bildern – mit Ausnahme der deutschen Frau des Berliner PDS-Politikers Musa Özdemir und einigen Wahlhelfern – nur Türken zu sehen. „Der türkische Unterschied“, titelte auch die Tageszeitung Türkiye und berichtete von einer „Rekordbeteiligung der Türken.“ Vor diesem Hintergrund forderte auch sie die doppelte Staatsbürgerschaft. Und: „Die Türkiye wird den Politiker auf den Fersen bleiben, damit sie dieses Versprechen einlösen.“ Mittwoch startete sie ein ehrgeiziges Projekt. Mit Hilfe einiger Mitglieder des Deutschen Sprachverbandes will sie ihren Lesern Deutsch beibringen. Die Zeitung stellte sie mit Porträt- Fotos vor: „Sie werden Sie mit der deutschen Sprache vertraut machen und Sie lehren, diese Sprache zu mögen.“

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