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Berlin: Der Herr des Rings

Connex-Geschäftsführer Hans Leister will mit neuen Ideen und Zügen die S-Bahn im Wettbewerb schlagen

Die Leistungen der S-Bahn sollen nach dem Willen von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) in Zukunft ausgeschrieben werden. Damit können auch Konkurrenten der S-Bahn zum Zug kommen. Das Monopol der S-Bahn hat vor allem ein Mann gebrochen, der viele Jahre selbst bei der Bahn gearbeitet hat. Der 50-jährige Wahl-Potsdamer Hans Leister schmunzelt nur. „Was wir gemacht haben, ist eine Selbstverständlichkeit. Wettbewerb auf der Schiene wird in kürzester Zeit zum Allgemeingut werden“, ist er überzeugt.

Wir – das ist das französisch-deutsche Unternehmen Connex, das nach eigenen Angaben führende private Nahverkehrsunternehmen in Deutschland, das inzwischen auch in den Fernverkehr auf der Schiene eingestiegen ist. Knapp 20 Mitarbeiter sind bei der Connex-Regiobahn mit Sitz in Potsdam beschäftigt. Leister ist ihr Geschäftsführer.

Mit ihrem Angebot, den Verkehr auf dem S-Bahn-Ring in Berlin übernehmen zu wollen, hat Leister den Nahverkehrsmarkt in der Stadt aufgewirbelt. Detaillierte Zahlen hat Connex allerdings noch nicht vorgelegt. „Doch das Unternehmen hat gezeigt, dass Wettbewerb auch bei der S-Bahn möglich ist. Und das hat bisher doch kaum jemand geglaubt“, sagt die Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung, Petra Reetz. Die Position der S-Bahn galt als fast unantastbar, weil ein anderer Betreiber erst Fahrzeuge beschaffen muss. Und die Züge für das Berliner Sondersystem gibt es nicht „von der Stange“.

Connex will neue Bahnen entwickeln lassen. Ob sie gekauft oder geleast würden, ist offen. Sollte Connex nach einem Zuschlag in der folgenden Ausschreibung, die es turnusgemäß wieder geben würde, scheitern, könnte der dann folgende Betreiber die Fahrzeuge übernehmen.

Auf die Züge der S-Bahn will Leister nicht zurückgreifen. „Auch deren modernste Fahrzeuge sind nicht zeitgemäß“, sagt er. Auf Basis dieser Züge will er eine Neuentwicklung. „Klimatisiert müssen Züge von heute sein. Und dass Türen beim Halt im Bahnhof nicht automatisch schließen, wenn kein Fahrgast aus- oder einsteigt, ist ein Unding“, so Leister. Auch leiser sollen „seine“ Züge werden. „Die Belastung unserer Fahrzeuge sowie der Anwohner des Rings muss minimiert werden.“ So werde der Wettbewerb zu einem „Innovationsmotor“.

Leister schwebt vor, die Ringbahn zu einem „unverwechselbaren Markenzeichen“ zu machen. Der Ring hat es ihm besonders angetan. Weltweit gebe es nur noch ein vergleichbares System – in Tokio. Allerdings mit rund fünf Millionen Fahrgästen am Tag. Davon kann auch Leister in Berlin nur träumen. Dabei kennt er die Ringbahn in Tokio sehr gut, denn der Wirtschaftsingenieur war dort bei der Botschaft beschäftigt, bevor er nach der Wende ins brandenburgische Finanzministerium wechselte.

1994 holte ihn der damalige Bahnchef Heinz Dürr zur Bahn; Leister wurde Konzernbeauftragter und Chef des Regionalverkehrs in Brandenburg. Dort war er an der Entwicklung des heute erfolgreichen Regionalbahnkonzepts beteiligt. Herzstück dabei sind die schnellen Regional-Express-Linien.

Ende 2000 schied Leister im Zwist mit Bahnchef Hartmut Mehdorn aus dem Konzern aus und heuerte beim Konkurrenten Connex an. In der Bahnzentrale war man baff – bei Connex freute man sich über den Coup. Und Leister hat noch viele Pläne. Er kann sich auch vorstellen, im Bereich der BVG mitzumischen. Connex lässt bereits in mehreren Städten Busse und Straßenbahnen in eigener Regie fahren. „Denkbar ist alles“, sagt Leister dazu. Er sieht Connex als Vorreiter beim Wettbewerb. „In diese Rolle sind wir hineingewachsen.“ Und es macht Leister Spaß, sie auszufüllen.

Im Fernverkehr hat Connex es inzwischen auch geschafft, die große Bahn zu ärgern. Der „InterConnex“ fährt zu günstigeren Preisen als die Bahn von Gera über Berlin nach Rostock, von Zittau nach Berlin und weiter nach Stralsund sowie vom Sommer an von Köln über Berlin nach Rostock. Vor Gericht hat Connex durchgesetzt, dass die Bahn in ihren elektronischen Auskunftsdiensten auf die Verbindungen der Konkurrenz hinweisen muss. Nur im Kursbuch aus Papier sind sie nicht zu finden. Dafür darf die Bahn nicht mehr behaupten, das Kursbuch enthalte „alle“ Bahnverbindungen in Deutschland.

Ganz trennen will sich Leister von der großen Bahn aber auch nicht. Am liebsten hätte er sein Büro wie früher am Potsdamer Hauptbahnhof, als er noch bei der Bahn AG war. Schließlich könnte es sein, dass auch dort eines Tages „seine“ Connex-Züge vorbeirauschen werden.

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