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Berlin: Der Kick mit dem Klick

Posieren, bis der Fotograf kommt: Warum sich Clubgänger so gern vor der Kamera produzieren

Manchen Menschen ist es im Nachhinein unangenehm. Zum Beispiel, wenn sie sich auf einem der Fotos im Internet wiederfinden und die Begleitung, die sie am Clubabend zuvor im Arm hielten, nicht die eigene Freundin oder der Freund war. „Da bekommen wir schon mal Mails mit der Bitte, das Foto zu löschen“, sagt Paul Neufels, Sprecher der Berlin4Fun Medien GmbH. Dieser Bitte kommen die Betreiber der Internetseite, auf der man sich Partybilder aus den Clubs der Stadt ansehen kann, dann nach. „Wir möchten ja keine Beziehungen zerstören.“

Gut acht Millionen Zugriffe hat Berlin4Fun im Januar verzeichnet – gut zwei Millionen mehr, als im Monat davor. Die Betreiber der Website, die seit 2002 existiert, erklären sich den Erfolg nicht nur mit Eitelkeit der Clubbesucher, die sich gerne fotografieren lassen. „Viele möchten auch zeigen, dass sie bei bestimmten Veranstaltungen dabei gewesen sind“, sagt Neufels. Insgesamt acht Fotoreporter arbeiten derzeit für die Firma, vor allem am Wochenende ziehen sie durch die Clubs, um die Schönen der Stadt beim Feiern zu fotografieren. Mitunter entstehen nach so einem Streifzug bis zu 2000 Bilder. Dann werden die Motive ausgesucht, die die Party am besten repräsentieren. Aussortiert werden Fotos, auf denen die Gäste unvorteilhaft aussehen. „Wichtig ist uns eine gewisse Ästhetik“, sagt Neufels. Wer nach mehreren Cocktails auf den Fotos schon allzu derangiert aussieht, landet gleich im Papierkorb.

Ähnlich handhaben das die Betreiber des Sage Clubs an der Köpenicker Straße in Mitte. Sie haben einen Fotografen engagiert, der die Nächte im Bild festhält. Auf den Fotos, die man sich auf der Website des Clubs anschauen kann, sieht man meist nett in die Kamera lächelnde Frauen und Männer. „Viele lassen sich gerne fotografieren, um eine Erinnerung an einen schönen Abend zu haben“, sagt Clubsprecherin Stefanie Eisenhuth. Am nächsten Tag kann man das Erlebte noch einmal Revue passieren lassen. Etwa 800 Mal werden einzelne Bilder auf der Clubseite aufgerufen.

Juristisch gesehen geben die Besucher ihre Einwilligung zum Fotografiertwerden schon beim Betreten des Clubs – spätestens aber in dem Moment, in dem sie Eintritt zahlen und damit die Allgemeinen Geschäftsbedingungen akzeptieren. In denen halten die Clubbetreiber ihr Recht auf Fotos extra fest. Wer sich vor einer Kamera in Pose wirft, handelt ohnehin „konkludent“. Das heißt, er ist damit einverstanden, geknipst zu werden. Trotzdem fragen die meisten Fotografen vor dem Drücken des Auslöser ihre Modelle noch einmal um Erlaubnis.

So zum Beispiel André C. Hercher. Seit mehr als zehn Jahren dokumentiert er das Berliner Nachtleben, zeigte seine Partybilder bereits in einer eigenen Ausstellung. Natürlich gebe es auch Menschen, die das Ergebnis gleich auf dem Display seiner Digitalkamera begutachten wollen und dann anfangen herumzumäkeln, erzählt er. Aber solche „Zickengeschichten“ seien eher selten. Im Laufe der Zeit hat er zu den meisten Clubbesuchern eine Art Vertrauensverhältnis geschaffen. Hercher bekommt sogar die vor die Linse, die sich eigentlich nicht gerne fotografieren lassen. Etwa Clubbetreiber Cookie alias Heinz Gindullis. Zur Eröffnung seiner neuen Partyräume vor zwei Wochen stellte sich der ansonsten sehr kamerascheue Mann freiwillig vor Herchers Linse. Und lächelte sogar zaghaft.

Partybilder im Internet unter

www.berlin4fun.com, www.sage- club.de, www.nachtagenten.de und www.h2o-club.com. Wie in den USA gefeiert wird, zeigt die Seite www.lastnightsparty.com

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