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Berlin: Der Kosaken-Gipfel

Jedes Jahr zur Weihnachtszeit touren russische Ensembles durch Berlin. Wo kommen die bloß alle her?

Spätestens seit Loriots Fernsehsketch wissen wir, dass man beim delikaten Kosakenzipfel sofort und kompromisslos zugreifen sollte. Vor allem, wenn die Spezialität des Hauses nur noch ein einziges Mal zu haben ist. Wie gut, dass es sich mit den alle Jahre wiederkehrenden Don Kosaken ganz anders verhält. Die kommen zur Weihnachtszeit in mehrfachen Varianten in die Stadt.

Da sind zum Beispiel die „Bolschoi Don Kosaken“, also die „Großen“ oder „Großartigen“. Sie intonieren in der Marienkirche voll und kräftig „Wolga, Wolga“, „Abendglocken“, aber auch um ein Vielfaches zärtlicher „Kol slaven nas“. Das ist die Kosakenversion von „Ich bete an die Macht der Liebe“. Blank polierte Reiterstiefel und Folklore-Tracht bieten zudem etwas fürs Auge.

Vor allem virtuos geht es bei den anderen Don Kosaken, dem Balalaika-Ensemble unter Viktor Skriptchenko, zur Sache. Sechs Männer und zwei Frauen spielen russische Volkslieder, Romanzen und Balladen, immer einfallsreich arrangiert von Skriptchenko persönlich. Bei ihm wird „bolschoi“ anders definiert. Als „großartig“ gelten dort die fingerfertigen Solo-Stücke auf der kleinen Prim-Balalaika. Brummig tief tönt es hingegen von der großen Kontrabass-Balalaika. Auch beim russischen Nationalinstrument gilt: je größer, desto behäbiger.

Kaum einer ahnt nun aber, dass trotz aller Harmonien und Melodien unter den musizierenden Jahresendboten eine schräge Unstimmigkeit herrscht, die dem Streit bei Loriot nicht unähnlich zu sein scheint. Wer nämlich sind die wahren, die echten Original Don Kosaken? Oder besser gefragt: Wer führt die große Tradition der Don Kosaken von Serge Jaroff richtig weiter? Der legendäre Jaroff starb 1985 in New Jersey. 1979 gab sein Ensemble das letzte Konzert in Paris. Seitdem haben sich – unter anderem aus ehemaligen Ensemble-Mitgliedern – viele neue Kosaken-Truppen zusammengefunden. Auch solche, die bis dato weder Don, noch Wolga gesehen, dafür aber eine exzellente Musikausbildung absolviert hatten. Wer’s am besten macht? Da hilft wohl nur anhören und vergleichen.

Donkosaken Balalaika Ensemble, 25.12., 20 Uhr: Alter Ballsaal im Restaurant Bräustübl Friedrichshagen. Bolschoi Don Kosaken, 25., 26., 27.12, 16 und 20 Uhr: Marienkirche, Karl-Liebknecht-Straße, Mitte, Tickets 3127041. Wolga Kosaken, 25. u. 26.12. Urania, Schöneberg, Karten 3127041 .

Sven Schade

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