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Berlin: Der Kunst auf der Spur

Die Schlösserstiftung sucht nach Bildern, die nach dem Krieg verschwanden. Eins ist in Vilnius

3000 Gemälde fehlen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg seit dem Zweiten Weltkrieg. Sie wurden 2004 in einem Katalog aufgelistet und teilweise sogar bebildert. Aufgetaucht ist dadurch zwar noch keines, dennoch ist Gerd Bartoschek, Kustos für Gemälde und Bearbeiter des Verlustkataloges, optimistisch, denn es gibt eine Spur. Sie führt in die litauische Hauptstadt Vilnius, wo vor nahezu 60 Jahren ein Teil der von der Roten Armee als Kriegsbeute mitgenommenen Kunstgegenstände gelandet war. Und Litauen – das ist seit neuestem ja auch EU, man hofft also auf vereinfachte Dialoge.

Transportlisten aus der Nachkriegszeit geben Auskunft, was die Trophäenkommission der Roten Armee wohin geschafft hat. In Vilnius hat die Schlösserstiftung das Bild mit der Katalog-Nummer GK I 2039 entdeckt: des Gemäldes „Die drei Marien am Grabe Christi“ von Antonio Campi. Es befindet sich im Nationalen Kunstmuseum. Ob das Gemälde zurückkehren wird, muss nach Auskunft der Schlösserstiftung zwischen beiden Staaten geregelt werden. Hilfreich ist im Fall des Campi-Gemäldes, dass von dem im späten 16. Jahrhundert gemalten Bild ein – wenn auch schlechtes – Foto existiert. 1829 war das Bild der drei Frauen vor der Grabkammer als „Schule von Parma“ ins Berliner Schloss gelangt. Die Zugehörigkeit steht also außer Zweifel.

Für den Gemäldespezialisten sind solche Fotos, auch wenn sie etwas verwaschen sind, wichtig und werden daher in dem Katalog abgebildet. Vielfach gebe es von verlorenen Bildern kein Foto, sondern nur Angaben über Thema und den ausführenden Künstler, was die Suche erschwere. Glücklich ist Bartoschek, wenn ihm in solchen Fällen wenigstens Ansichten von Schlosszimmern und Gemäldesälen vorliegen. Dann kann er die Angaben durch optische Eindrücke ergänzen.

Während die russische Regierung keine Anstalten macht, die in Sankt Petersburg und Moskau befindlichen Gemälde aus den ehemaligen preußischen Königsschlössern zurückzugeben, richtet die Stiftung ihre Hoffnungen auf das neue EU-Mitglied Litauen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen verschiedene Bilder als deutsches Beutegut in das zum damaligen Sowjetreich gehörende Litauen, das seit 1990 souverän ist.

Die Schlösserstiftung fahndet auch nach anderen Kunstwerken und Möbeln, die in den Wirren der Kriegs- und Nachkriegszeit verloren gegangen sind. Aktuell wird ein Verlustkatalog für Pastelle und Miniaturen erarbeitet. Außerdem werden Daten über Möbel, Porzellan und Silbersachen zusammengetragen, die Residenzen der Hohenzollern geschmückt haben. Wie der Verlustkatalog für die Gemälde, so sind auch die Nachschlagewerke für andere Bestände wichtig, um die ursprünglichen Ausstattungen zu rekonstruieren, aber auch die Fahndung nach fraglichen Objekten auf dem nationalen und internationalen Kunstmarkt zu intensivieren. In der Vergangenheit konnten verschiedene Stücke aufgrund der Recherchen von Mitarbeitern der Schlösserstiftung entdeckt und an ihren Ursprungsort zurückgeführt werden. Das erwartet Bartoschek von dem Gemäldekatalog, er weiß aber auch, dass man einen langen Atem haben muss. „Generell müssen wir uns in Geduld üben. Aber daran sind wir ja gewöhnt“, sagt er.

Helmut Caspar

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