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Berlin: Der Kupferklau geht um

Diebe kappen Leitungen bei der Bahn, auf Baustellen verschwinden Kabelrollen

Die Bahn wird fast täglich ärmer – an Kupfer. Kaum ein Tag vergehe, ohne dass irgendwo im umfangreichen Netz Kupferkabel gestohlen werden, sagte ein Sprecher. Die Bahn muss nicht nur viel Geld ausgeben, um neues Material zu kaufen und es wieder einzubauen. Auch Fahrgäste leiden unter Verspätungen und Zugausfällen. Doch nicht nur die Bahn beklagt einen Kupferschwund. Auch auf Baustellen und sogar aus Häusern werden die Rohre oder Kabel entwendet. Die Polizei vermutet dahinter organisierte Banden. Der hohe Kupferpreis auf dem Weltmarkt macht den Verkauf attraktiv – und die Bahn erfinderisch. Sie ersetzt die Kupferkabel durch Stahlstangen.

Bei der Bahn haben sich die Diebe darauf spezialisiert, die zur Erdung erforderlichen kurzen Kupferleitungen an Oberleitungsmasten zu entwenden. Die Kabel wirken wie Blitzableiter und gehören deshalb zum Sicherheitssystem der Bahn. Fehlen sie, muss die Bahn meist bis zur Reparatur den Zugverkehr unterbrechen – vor allem, wenn, wie in diesen Tagen, ein Gewitter droht. Die Täter fahren meist mit einem Transporter in die Nähe der Gleise und trennen auf einem kompletten Abschnitt die Kabel ab. Nur in seltenen Fällen ist es zu Festnahmen gekommen. Den Tätern drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Nicht nur bei der Bahn, auch auf Baustellen, auf denen ohnehin viel geklaut werde, wie es bei der Fachgemeinschaft Bau heißt, haben es die Diebe derzeit vor allem auf Kupfer abgesehen. Konnte man früher noch komplette Kabelrollen im Freien stehen lassen, müssten diese heute stets weggeschlossen werden, sagt der Obermeister der Elektro-Innung, Carsten Joschko.

Die Täter schrecken mitunter nicht davor zurück, Menschen zu gefährden. Anfang März waren in einer leer stehenden Wohnung an der Boxhagener Straße in Friedrichshain Gasrohre, die in Betrieb waren, von den Wänden gerissen worden. Ein Nachbar hatte die Täter beim Abtransport jedoch gesehen und angesprochen, worauf die Männer die Rohre fallen ließen und flüchteten. Wegen des Gasgeruchs alarmierte der Nachbar anschließend die Feuerwehr, die Polizei und die Gasag, die die Gaszufuhr bis zur Reparatur sperrte. Hätte der Nachbar nicht eingegriffen, hätte es zu einer Explosion kommen können. Auf Häuser, die leer stehen oder saniert werden, haben es die Kupferdiebe oft abgesehen. Sie sind vorwiegend nachts oder am Wochenende unterwegs. Abgesetzt werde das Metall meist im Ausland, heißt es bei Schrotthändlern. Das Problem ist international. In der Schweiz etwa werde Kupfer geklaut, was das Zeug hält – so wie in allen Ländern weltweit, schrieb jetzt die „Neue Züricher Zeitung“.

Die Bahn hat inzwischen auf den Kupferklau reagiert. Sie ersetzt die Kupferkabel durch Stahlstangen, die zwar den Strom nicht so gut leiten, aber vom Eisenbahn-Bundesamt trotzdem zugelassen worden sind. Beim letzten Diebstahl an einer Strecke fehlten zwar wieder die Kupferkabel – die Stahlstangen aber waren noch da.

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