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Berlin: Der kurze Weg zu Billy

Ikea rückt immer näher: Am Sachsendamm und an der Landsberger Allee werden Filialen gebaut

Hätte man Bücher, die aneinandergereiht zweimal den Erdball umspannten – sie alle fänden Platz in den Billy-Regalen von Ikea. In Barcelona hat Ikea gerade erst eine Filiale eröffnet, in New York – und nun rücken Ivar, Björksele und Kaffatorp in Berlin immer näher ans Stadtzentrum: Noch in diesem Jahr will das Unternehmen am Sachsendamm ein neues Haus eröffnen, im nächsten Sommer ein weiteres an der Landsberger Allee. Derzeit lärmen auf dem Tempelhofer Gelände noch die Bauarbeiter, ein Schild verheißt aber bereits im ewigen Blau-Gelb: „Hier baut Ikea. Eröffnung November 2003.“

Sie scharren bereits ungeduldig mit den Füßen, die Teelicht-Käufer, die Servietten-Sammler und Hotdog-Esser. Doch bei Ikea hält man sich derzeit noch bedeckt, ein fester Termin stehe für den Start in Tempelhof zwar noch nicht fest, aber: „Wir feiern alle unsere Eröffnungen groß“, verspricht Ikea-Sprecherin Sabine Nold, was auch als Drohung verstanden werden kann. Jedenfalls, wenn man an die Bilder vom vergangenen Jahr denkt, als in Spandau das „größte Möbelhaus Deutschlands“ gefeiert wurde. Als die Menge die lächelnden Damen mit den Sekttabletts glatt überrannte, um sich drinnen eine Schlacht um die Frotteehandtücher zu liefern. Als Kleinkinder in die Höhe gerissen werden mussten, bevor von ihren Buggys nur noch Trümmer übrig blieben. Der Andrang war so groß, dass die hilflosen Angestellten die Kartons mit den Sonderangeboten in kurzen Abständen direkt aus der Lagertür in die aufgebrachte Menge warfen.

Im Fachjargon heißt das vermutlich: Der Bedarf an Ikea-Filialen ist in Berlin nicht hinreichend gedeckt. Am Sachsendamm baut der schwedische Konzern deshalb jetzt auf dem Gelände des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerkes. In Zahlen: 90 Millionen Euro Investitionen, 21 000 Quadratmeter Verkaufsfläche, 380 Arbeitsplätze und 1800 Parkplätze. Hohenschönhausen in Zahlen: 70 Millionen Euro, 18 000 Quadratmeter Verkaufsfläche und 1500 Parkplätze. Zehn neue Filialen hat das Unternehmen allein in den letzten zwölf Monaten eröffnet, unter anderem in Ulm, Florenz und San Francisco.

Manche hassen Ikea, andere lieben Ikea – aber kaum einer kommt beim Einrichten seiner ersten Wohnung an dem Möbelhaus vorbei. Der Publizist Henryk M. Broder fährt beispielsweise vor allem zum Essen nach Spandau, beschwört, dass es in der hauseigenen Kantine „den besten Lachs zwischen dem Polarkreis und der Sahara“ habe. Bereits vor Jahren hingegen lästerte der Titanic-Kolumnist Max Goldt: „Wenn ein Sprengmeister mal den hübschen Einfall haben sollte, ein Ikea-Warenhaus in die Luft zu jagen, dann komme ich und bringe achtzigtausend Perverse mit.“ Die Firmenleitung könnte über diese klägliche Menschenansammlung vermutlich nur lächeln: Allein in Deutschland besuchen 64 Millionen Kunden Ikea jährlich.

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