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Berlin: Der lange Weg zum Ordnungsamt

Jetzt ist geregelt, was die neuen Streifen alles tun sollen – doch wann sie auf Patrouille gehen, das weiß noch keiner

Die kommende Grillsaison wird vorübergehen, ohne dass so genannte Ordnungsstreifen wilde Griller nachdrücklich an die Regeln erinnern. Auch Leute, die nicht darauf achten, wohin sich ihre Hunde entleeren, bleiben bis auf weiteres unbehelligt. Denn noch ist völlig unklar, wann die Ordnungsämter eingerichtet werden, deren Mitarbeiter mehr Sinn für die Regeln öffentlichen Lebens wecken sollen, nötigenfalls auch durch die Erhebung von Ordnungsgeldern. Zum 1. April sollten die Ämter den Dienst aufnehmen, das hatten die Abgeordneten in ungewohnter Einigkeit beschlossen. In einer Diskussion über die Ordnungsämter im Ausschuss für die Verwaltungsreform war nun vom September die Rede – ein Datum, das wegen kommender Schwierigkeiten kaum zu halten sein dürfte.

Dabei haben Innenstaatssekretär Ulrich Freise und die Bezirksbürgermeister in scharfem Tempo einen größeren Teil der Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Ämter eingerichtet werden können. In großem Stil haben sie Aufgaben von der Hauptverwaltung auf die Bezirke umverteilt – und sind sich sogar über die neuen Zuständigkeiten einig geworden. Nicht möglich war es zu Freises Bedauern, einen Teil der Vorschriften auf ihren Sinn zu prüfen. So werden die Ordungsämter auch „Ausnahmegenehmigungen vom Verbot, Tiere von Kraftfahrzeugen und andere Tiere als Hunde von Fahrrädern auszuführen“ erteilen.

Elf Doppelstreifen pro Bezirk soll es geben, in Uniformen gekleidet, mit Handys, Kameras und einem Computer zur Datenerfassung ausgestattet. Die Ordnungsämter sollen mit einem „Front desk“ ausgestattet sein – so heißt es in modernem Verwaltungsdeutsch, wenn man nicht mehr sechs oder acht verschiedene Beamte aufsuchen muss, um einStraßenfest genehmigen zu lassen, sondern bloß einen hinter dem Schalter, der die Angelegenheit dann weiterleitet.

Klar ist auch, dass sich die Ordnungsstreifen um den ruhenden Verkehr kümmern sollen – die Planstellen sollen von der Polizei zu den Ämtern verlagert werden – und dass die Streifen bei „Haus- und Nachbarschaftslärm“ einschreiten werden. Heftig stritten einige Abgeordnete mit dem Innenstaatssekretär, ob es reicht, den Streifen Pfefferspray zur Selbstverteidigung mitzugeben. Die Streifen sollten eben nicht „den Pitbull führenden, Widerstand leistenden body-gebildeten Mensch mit eigenen Kräften aufs Kreuz legen“, sagte Freise. In solchen Fällen – drei bis fünf Prozent aller Angelegenheiten sollen es sein – werden die Ordnungstreifen gehalten sein, gleich die Polizei zu holen.

Bevor sich die Streifen in der Praxis bewähren, müssen sie rekrutiert werden. Freise sieht die Kandidaten im Stellenpool der Hauptverwaltung. Noch aber ist kein Versuch unternommen worden, die ersten Stellenpool-Beamten für die neue Aufgabe zu gewinnen. Das hat dem Staatssekretär zufolge mit der engen zeitlichen Planung für die Ämter zu tun: Im November habe man sich auftragsgemäß mit den Bezirken zusammengesetzt, um über die Aufgabenumverteilung zu sprechen. Nun soll aus dem Modell Praxis werden – und neuer Streit zeichnet sich ab über die Frage, wer die Lokalitäten für die Ämter bezahlt, ganz zu schweigen von der mittelfristigen Finanzierung der Ordnungsstreifen. Finanzstaatssekretärin Gabriele Thöne lächelte in der Sitzung zu diesem Thema freundlich.

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