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Berlin: Der Lehrling aus der Champions League

Einst kickte Hendrik Herzog für Hertha – jetzt ist er Sportinvalide und macht eine kaufmännische Ausbildung auf der Geschäftsstelle des Fußballklubs

Von Jörg Petrasch

Hendrik Herzog läuft mit forschen Schritten durch die Geschäftsstelle von Hertha BSC. Durch den blau-weißen Fan-Shop und vorbei an den zahlreichen Büros, auf der Suche nach einem stillen Platz. Der 33-Jährige wirkt sehr beschäftigt: „Ich habe nicht viel Zeit, ich muss arbeiten.“ Das ist nicht neu. Das tat er schon einmal für Hertha. Damals allerdings auf dem Rasen. Von 1997 bis 2000 verteidigte der 1,86 m große Abwehrspieler den Berliner Strafraum gegen anstürmende gegnerische Mannschaften. Und das durchaus erfolgreich. 1999 wurde Hertha Dritter in der Bundesliga und erreichte zum bisher ersten und einzigen Mal die Champions League. Mit Hendrik Herzog.

Nun ist der gebürtige Hallenser, der als 12-Jähriger bereits nach Berlin zum BFC Dynamo wechselte, wieder bei Hertha gelandet. In einer neuen Rolle: als Lehrling. Seit dem 1. September macht Herzog auf der Geschäftsstelle eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann. Und der Neuanfang scheint dem ehemaligen Fußballprofi – vor Berlin spielte er für Schalke und Stuttgart – nichts auszumachen. Im Gegenteil: „Ich wollte unbedingt arbeiten. Ich brauche eine Aufgabe.“ Denn da ist noch was. Seit einem Jahr ist Hendrik Herzog Sportinvalide.

Eigentlich hatte der ehemalige DDR-Nationalspieler vor, noch zu spielen, bis er 35 ist. Nach Vertragsende 2000 bot Hertha ihm einen Einjahresvertrag an. Herzog war das zu wenig. Er wollte einen Vertrag über zwei Jahre. Schon allein wegen seines damals sechsjährigen Sohnes, sagt Herzog. Er hoffte dann, nach England wechseln zu können. „Die geradlinige Spielart dort kommt mir sehr entgegen.“ Es klappte aber nicht, er sei falsch beraten worden. Schließlich landete Herzog in Unterhaching, in der Zweiten Liga.

Dann kam das Spiel gegen Schweinfurt 05 im Oktober vergangenen Jahres. Beim Zweikampf krachte er mit seinem Gegenspieler zusammen, Kopf an Kopf. Das Ergebnis: Schädelbruch – 14 Tage Krankenhaus. „Es war schnell klar, dass ich nicht mehr Fußball spielen werde“, sagt Herzog. Noch heute hat er Kopfschmerzen und kann sich körperlich nicht voll belasten. Hendrik Herzog ist ein so genannter Sportinvalide.

Bei Sportinvalidität springt die Berufsgenossenschaft ein. Sie zahlt Übergangsgeld und Weiterbildungen. Herzog klopfte bei Herthas Manager Dieter Hoeneß an. Zuerst wegen einer Umschulung oder eines Praktikums. Dann erfuhr er zufällig vom neu geschaffenen Beruf des Sport- und Fitnesskaufmanns. „Die Ausbildung ist ideal für mich, ich wollte im Sport oder im Fußball bleiben und etwas mit Perspektive machen.“ Daher fragte der ehemalige Manndecker auf der Geschäftsstelle nach. Und blieb hartnäckig. Das gefiel Geschäftsstellenleiter Matthias Huber: „Es war lange unklar, ob es klappen würde, aber Herr Herzog hat sich sehr bemüht.“

Die Ausbildung dauert drei Jahre. Zweimal pro Woche hat er kaufmännischen Unterricht in der Berufsschule, die restliche Zeit ist er auf der Geschäftsstelle - von neun bis fünf. Wenn Veranstaltungen sind, dann natürlich länger. Zur Zeit ist er damit beschäftigt, den Online-Auftritt von Hertha zu verbessern. Aber etwa auch damit, die Sichtverhältnisse auf der Tribüne des umgebauten Stadions zu prüfen. Und bisher gefällt es Herzog sehr gut. Die Stimmung in der Geschäftsstelle ist zudem angenehm, man duzt sich und geht freundlich miteinander um. „Ich bin zwar Azubi, aber ich werde schon etwas anders behandelt.“

Hendrik Herzog ist der erste ehemalige Profi, der bei Hertha eine Ausbildung macht. Insofern ist diese Situation auch für Matthias Huber neu. Er sieht es aber positiv: „Herr Herzog wundert sich zwar schon, was alles am Fußball dranhängt. Aber dass er die andere Perspektive kennt, kann beiden Seiten helfen.“ Zumal Herzog noch regelmäßig bei den Spielern in der Kabine ist. Zu einer ständigen Einrichtung für ehemalige Hertha-Profis soll die Ausbildung auf der Geschäftsstelle aber nicht werden. „Das muss im Einzelfall entschieden werden“, sagt Huber. Bei Herzog habe es Sinn gemacht. Umso mehr, als er die gleichen Ziele wie der Verein vertritt. Nur etwas bescheidener: „Ich möchte einen kleinen Teil dazu beitragen, damit Hertha vielleicht Deutscher Meister wird.“

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