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Berlin: Der letzte Brief aus dem Ghetto

Der Berliner Arzt Victor Aronstein wurde 1941 deportiert

„Liebes Lottchen, …durch den strammen Dienst habe ich schon ordentlich abgenommen, ich bin außerordentlich froh darüber, da ich doch viel zu fett war. Ich habe doch immer gesagt, dass es gut ist, bei den Preußen zu sein.“ Was sich anhört wie die Erzählung aus einem militärischen Übungslager ist in Wahrheit der letzte Brief, den der Berliner Arzt Victor Aronstein 1943 aus dem Ghetto Litzmannstadt – wie die Nazis das polnische Lodz nannten – schickte, getarnt als Feldpostbrief. Zu dieser Zeit herrschten im Ghetto furchtbare Zustände, die Menschen starben an Hunger und Krankheiten. Victor Aronstein war 1941 von Berlin nach Litzmannstadt deportiert worden, weil er Jude war. Kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten hatte er in Hohenschönhausen eine Praxis eröffnet. Zunächst war er von den rassistischen Wütereien der Nazis nicht betroffen. Als Frontkämpfer des Ersten Weltkrieges durfte ihm die Kassenäztliche Vereinigung nicht die Approbation entziehen. Diese Ausnahme für Kriegsveteranen hatte noch Reichspräsident Hindenburg verfügt. 1938 war sie wertlos. Nach den Novemberpogromen verloren alle jüdischen Ärzte ihre Zulassung, auch Aronstein. 1939 versuchte er, seinen beiden Schwestern nach Chile in die Emigration zu folgen, doch die Reichsfluchtsteuer der Nazis verhinderte dies. 1941 wurde er schließlich nach Litzmannstadt deportiert. Nur 900 Menschen überlebten das Ghetto. Victor Aronstein war nicht darunter.hx

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