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Berlin: Der letzte Tanz

Im Cookies war die Nacht manchmal magisch. Damit ist nun Schluss. Der Club muss raus aus der alten Reichsbahnbank. Ein Abschiedsgruß

Die Nachricht kam kurz vor dem zehnjährigen Jubiläum – und sie traf nicht nur Heinz Gindullis, den Betreiber des Cookies, sondern auch die Berliner Partygemeinde völlig unerwartet: Wegen Restaurationsmaßnahmen muss der über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Club heute schließen. Seit vier Jahren hat er seinen Platz in den Räumen der ehemaligen Reichsbahnbank in der Charlottenstraße.

Ohne große Werbung, nur durch Mund-zu-Mundpropaganda ist das Cookies zu einem Liebling Berliner Nachtschwärmer avanciert. Jeden Dienstag und Donnerstag pilgern sie zu den Türen, an denen ein handgeschriebenes Schild mit der Aufschrift „Nur für Freunde“ prangt. Um zu diesen Auserwählten zu gehören, nehmen sie langes Anstehen und dichtes Gedränge in Kauf. Weil der Andrang am Einlass noch zugenommen hat, seit die Schließung bekannt geworden war, öffnete das Cookies zuletzt auch sonnabends. Am vergangenen Montag, als die „Yellow Lounge“ mit ihrem Klassik-Programm zum letzten Mal hier gastierte, versperrten die Wartenden die gesamte Charlottenstraße.

Was nun ist das Besondere am Cookies? Auf den ersten Blick ähnelt vieles dem Clubgeschehen an anderen Orten Auch hier selektieren Türsteher nach strengen Kriterien, auch hier wird ausgiebig und ausgelassen gefeiert. Das allein kann es also nicht sein. Vielleicht ist es gerade die charmante Willkür an der Tür. Oder die garantiert ekstatische Party, die einen im Club erwartet. Vielleicht sind es schon die Räumlichkeiten an sich, die den Besucher mit ihrer allmählich verblassenden Anmut, mit der Ahnung des Repräsentativen vergangener Zeiten für sich einnehmen, die Inneneinrichtung mit ihrer einnehmenden Mischung aus Altem und Neuem, Marodem und Modernem. Vielleicht ist es aber auch das Publikum – aufwendig gestylte Gäste tanzen hier zu den elektronischen Beats ebenso wie leger gekleidete ältere Besucher, gelegentlich kommen auch Promis wie Schauspieler Kevin Spacey oder Starfotograf Mario Testino vorbei.

Heute Abend lädt das Cookies zum „Last Dance“, danach ist Schluss. Nur verhinderte Partygänger, die an der Einlasskontrolle gescheitert sind, werden das Ende mit Häme bedenken. Die handverlesenen Freunde aber sacken zusammen: Nie wieder durch die Nacht tanzen hier. Nie wieder unter den zwei massiven Bar-Leuchtern Drinks bestellen. Nie wieder vom Podest aus beobachten, wie sich verliebte Paare an der Champagner-Bar vorbeidrängen, überhitzt in die Kabinen der Unisex-Toiletten verschwinden und kurz später mit einem glücklichen Lächeln wieder auf der Tanzfläche stehen. Nie wieder Cookies. Es ist zum Heulen.

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