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Berlin: Der letzte Zug

Wer im U-Bahnhof raucht, muss jetzt zahlen. Die Zeit der freundlichen Ermahnungen ist vorbei, die Kontrolleure greifen durch

Erst sind es nur drei Jugendliche, die sich am Freitagabend die Wartezeit im UBahnhof Bayerischer Platz mit einer Zigarette verkürzen. Nur Augenblicke später können auch die umstehenden Fahrgäste nicht mehr widerstehen und greifen zur Kippe. Die ansteckende Wirkung des blauen Dunstes scheint zuweilen noch mächtiger als das drohende Bußgeld von 15 Euro, mit dem Rauchsünder in U-Bahnhöfen seit dem 1. Januar rechnen müssen – zumindest zu später Stunde, wenn weit und breit kein BVG-Kontrolleur in Sicht ist.

Am Tage jedoch sind die Raucher in U-Bahnhöfen auffallend einsam geworden. Huseyin T. hat es sich Samstag früh im U-Bahnhof Hermannplatz auf einer Bank bequem gemacht. Die Tageszeitung „Hürriyet“ auf den Knien, ein Frühstückbier griffbereit und eine Selbstgedrehte zwischen den Fingern, zeigt er sich unbeeindruckt vom Rauchverbot, obwohl er weiß, dass es neuerdings teuer werden kann. „Die Kontrolleure rauchen doch selbst in ihren Diensträumen. Da ist die Brandgefahr doch viel höher“, sagt der 34-Jährige und beobachtet die Umgebung. „Falls einer von der BVG kommt, kann ich die Zigarette immer noch ausdrücken.“ Bisher sei er jedes Mal mit einer Verwarnung davongekommen.

Dabei soll es nicht mehr bleiben, versichert BVG-Sprecher Ulrich Mohneke. „Wir haben uns in den ersten Tagen noch zurückgehalten und es bei freundlichen Ermahnungen belassen.“ Seit Jahresbeginn seien erst gegen vier Rauchsünder Bußgelder verhängt worden. Jetzt soll gnadenlos abkassiert werden. Die Schonfrist läuft ab – nach immerhin 25 Jahren. Denn das Rauchverbot in U-Bahnhöfen gilt bereits seit Jahresbeginn 1977. Bislang fehlte der BVG aber ein Druckmittel gegen uneinsichtige Qualmer, das Aufsichtpersonal konnte zwar ein so genanntes Reinigungsgeld von 20 Mark erheben, die Kontrolleure beließen es aber zumeist bei guten Worten und das, obwohl die BVG die Reinigung ihrer U-Bahnhöfe von Zigarettenkippen jährlich rund 1,2 Millionen Euro kostete.

„Von wenigen Ausnahmen abgesehen, haben die Raucher ihr Verhalten geändert“, sagt BVG-Sprecher Mohneke. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. „Schauen Sie sich doch um“, sagt die BVG-Kontrolleurin am U-Bahnhof Zoologischer Garten am Samstagmittag. „Hier liegt keine Kippe mehr auf den Bahnsteigen.“ Dabei sind die Aschenbecher hier zum Teil bereits abmontiert oder mit Deckeln verschlossen worden. Bußgelder habe sie bisher nicht kassieren müssen.

Auch die beiden Männer von der Bahnaufsicht sind nachsichtig gewesen. Sie drückten den wenigen Fahrgästen, die sie mit brennender Kippe ertappten, einen Denkzettel über das Rauchverbot und das drohende Bußgeld in die Hand. Auch den älteren Herrn, der gerade in die U 2 steigt, hat es erwischt. „Ich habe gesagt, ich bin Tourist“, lacht er, „da haben sie mich gehen lassen.“ In der New Yorker U-Bahn hätte ihn diese Ausrede 50 Dollar und ein polizeiliches Verhör gekostet. wie

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