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Berlin: Der Mauerbau: Helm auf zum Appell in der Karl-Marx-Allee

Die DDR war doch eigentlich ein Gute-Laune-Land. Wenn nicht gekämpft wurde, gab es etwas zu feiern.

Die DDR war doch eigentlich ein Gute-Laune-Land. Wenn nicht gekämpft wurde, gab es etwas zu feiern. Alle Fünfen kamen groß raus, Nullen noch viel größer. Das war auch 1986 so. "25. Jahrestag der Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls", stand in den Kalendern zwischen Saßnitz und Zwickau unter dem 13. August. Er fiel zum silbernen Mauerjubliäum auf einen Mittwoch. Weil das Datum kein staatlicher Feiertag war, hatten die Werktätigen am Arbeitsplatz, dem Kampfplatz für den Frieden, zu sein - sofern sie nicht zur Teilnahme am Kampfappell in der Karl-Marx-Allee delegiert worden waren. Auf der traditionellen Marschier-Meile hatten Einheiten der paramilitärischen Kampfgruppen Aufstellung genommen, um an Honeckers Ehrentribüne vorbeizuparadieren.

Zum Thema Online Spezial: 40 Jahre Mauerbau Fotostrecke: Die Mauer in Bildern Wer nicht dabei war, konnte tags darauf - sofern er hart im Nehmen war - in den Zeitungen nachlesen, was für ein bewegendes Ereignis er da verpasst hatte, das vom Stolz auf Erreichtes, von Selbstbewusstsein und Optimismus kündete. Nichts ging dem abwesenden Arbeiter, Genossenschaftsbauern oder Angehörigen der werktätigen Intelligenz durch die Lappen, natürlich auch nicht die Rede des Generalsekretärs des ZK der SED, Vorsitzender des Staatsrates der DDR, Erich Honecker, Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates: "Die gesicherte Macht der Arbeiterklasse und des ganzen werktätigen Volkes ist die kostbarste Errungenschaft in unserer Geschichte." Aha.

Wer ordentlich marschiert, darf ordentlich feiern. Die SED lud verdienstvolle Kämpfer zum Empfang: Hoch die Gläser auf die gedeihliche Entwicklung des sozialistischen Vaterlandes! Kampfgruppenkommandeur Horst Lenke aus dem Lokomotivbau in Hennigsdorf durfte nach dem ersten Schluck Rotkäppchen erzählen, wie sein Flak-Zug beim Gefechtsschießen in Zingst Bezirksbester wurde. Dann schwelgte er in Erinnerungen: Wie er damals, 61, gegenüber Spandau zur Grenzsicherung eingesetzt war, sich aber der Tragweite des Ganzen nicht bewusst gewesen sei. Nur eines habe er gewusst: Die Partei hatte gerufen, die Lage konnte nicht so bleiben. "Du, lieber Genosse Honecker, kannst das am besten einschätzen, denn du hast ja diese präzise Aktion geleitet." Darauf noch ein Gläschen. Und dann hieß es alle fünfe grade sein lassen - bei den Kampfliedern des Erich-Weinert-Ensembles.

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