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Berlin: Der Mieterschutz wird vorerst nicht gelockert

Bausenatorin legt Pläne für eine Neuregelung beim Verkauf landeseigener Wohnungen auf Eis

Mieter von landeseigenen Wohnungen können aufatmen. Die Pläne aus dem Hause der Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), die Mieter im Falle eines Verkaufs der Immobilien nur noch zehn Jahre vor Kündigungen wegen Eigenbedarfs zu schützen, sind wieder vom Tisch. Dies sagte gestern eine Sprecherin der Bauverwaltung. Einen Tag zuvor hatte sie noch Informationen bestätigt, wonach die geltenden „Privatisierungsgrundsätze“ der Koalition am 27. Februar in einer Senatsklausur verändert werden sollten. Dass es jetzt doch nicht dazu kommt, sei eine „politische Entscheidung“.

Der Tagesspiegel-Bericht über die geplante Einschränkung des Mieterschutzes vor Kündigungen wegen Eigenbedarfs oder „wirtschaftlicher Verwertung“ auf zehn Jahre hatte Kritiker auf den Plan gerufen. Die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen, Barbara Oesterheld, sagte: „Mieterinnen und Mieter müssen die planlose und chaotische Wohnungspolitik des Senats ausbaden. “ Der baupolitische Sprecher der PDS-Fraktion sagte zur Rücknahme des Entwurfs: „Das Konfliktpotenzial war zu groß“, so Michail Nelken. Die PDS lehne Veränderungen an den Privatisierungsgrundsätzen ab.

Zu Informationen, wonach der Käufer der privatisierten Wohnungsbaugesellschaft GSW schon von Vereinbarungen zum Mieterschutz abweiche und den Wohnungsnutzern keine Ergänzungen zu ihren Mietverträgen mehr zuschicke, hieß es in der Finanzverwaltung: „Uns ist nicht bekannt, dass sich die GSW nicht an die vereinbarten Verträge halten würde“, sagte deren Sprecher Matthias Kolbeck. Wenn es Hinweise auf Vertragsverletzungen gebe, werde dem nachgegangen. Der Senat führe ein „Vertragscontrolling“ durch und werde bei Verstößen gegen den Mieterschutz die vereinbarten Vertragsstrafen durchsetzen.

Erst mit der politischen Zusicherung, die Rechte der Mieter zu schützen, wurden die Widerstände gegen die Privatisierung von Wohnungsbaugesellschaften gebrochen. So hatte die Bausenatorin vor einem Jahr gesagt: „Der Mieterschutz muss gewährt bleiben“. Sogar die CDU-Fraktion hatte vor fünf Jahren im Zusammenhang mit dem damals geplanten Verkauf der GSW im Parlament erklärt: Die Mieten dürften nach dem Verkauf nicht überproportional steigen, und der Mieterschutz müsse „in vollem Umfang gewährleistet bleiben.“

Inzwischen sind zwei ehemals landeseigene Gesellschaften und weitere 50 000 Wohnungen aus Landesbesitz in private Hände gelangt. Dem Chef des Berliner Mietervereins Hartmann Vetter zufolge sind die Nutzer landeseigener Wohnungen unkündbar. Das ändere sich mit dem Verkauf der Immobilien, wenn deren Nutzer nicht entsprechende schriftliche Ergänzungen zum Mietvertrag erhielten. „Bei der Vielzahl der Verkäufe und Weiterverkäufe kann das Land die Einhaltung der in Verträgen festgelegten Vereinbarungen doch gar nicht kontrollieren“, sagte Vetter. Ähnliche Versprechungen wie heute seien früher auch Mietern der gewerkschaftlichen Wohnungsbaugesellschaft „Neue Heimat“ gemacht worden. Daran hätten sich die Eigentümer aber nicht gehalten.

Die geplante, nun aber doch nicht beschlossene Änderung der „Privatisierungsgrundsätze“ gilt also für die bevorstehenden Verkäufe von Immobilien durch die Gesobau, durch „Stadt und Land“ und die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) nicht. Völlig vom Tisch ist sie dem Vernehmen nach jedoch nicht. Dasselbe gilt für weitere Verkäufe landeseigener Wohnungsbestände. Finanzsenator Sarrazin gilt als Befürworter von Privatisierungen. Auch der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer sagte dem Tagesspiegel: „Alle Wohnungsbaugesellschaften müssen verkauft werden“, so Jan Eder. Damit müsse Berlin die Konsequenzen aus dem finanziellen Debakel bei der WBM ziehen.

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