zum Hauptinhalt

Berlin: Der Mythos der Badehose

Der Wannsee ist legendär – auch, weil an seinen Ufern die Berühmten leben. In einem Buch wurden ihre Geschichten und Adressen gesammelt

Sein Name klingt nach beidem: nach Spaß und nach Entsetzen. Der Wannsee, das ist Strandbad samt eingepackter Badehose von Conny Froboess, und genauso das Haus der Wannseekonferenz, in dem die Nationalsozialisten 1942 die Ermordung der Juden beschlossen.

Der Wannsee ist ein Mythos. Aber er ist auch eine Adresse. Eine feine und durch alle Höhen und Tiefen der Geschichte hindurch attraktive. Welche Berühmtheiten dort alles gewohnt oder vorübergehend residiert haben, wurde jetzt von vier Autoren für das Buch „Prominente in Berlin- Wannsee und ihre Geschichten“ zusammengetragen. Anders als der Titel vermuten lässt, geht es auch um Schwanenwerder, Schlachtensee und Nikolassee.

Die Adressen, Biographien und Anekdoten sind Teil der Geschichte der Seen, Ortsteile und Viertel. Begonnen hat diese Geschichte um 1870, angestoßen durch den Bankier Wilhelm Conrad. Der machte aus der verschlafenen Gegend an dem Havelsee eine Villen-Kolonie für „wohlhabende, stadtmüde Berliner“. Und die kamen in Scharen. Erst waren es die Größen aus Politik, Wirtschaft und Kultur, die sich hier Sommersitze einrichteten, später wurden die Straßen um den Wannsee zur festen Adresse. Der Maler Max Liebermann konnte 1906 bereits von Glück reden, als er noch eines der begehrten Wassergrundstücke bekam. Im Jahr drauf lockte dann das Strandbad immer mehr Tagesausflügler in den noblen Berliner Südwesten.

Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, zog es auch sie in die Gegend. Jüdische Villenbesitzer mussten ihre Häuser verlassen, sie für lächerliche Preise hergeben. Vor allem die Insel Schwanenwerder war sehr begehrt bei Hitlers Gefolge. Magda und Joseph Goebbels, Albert Speer und Reinhard Heydrich waren die bekanntesten Anwohner. Auch Hitlers liebste Regisseure und Filmstars zog es an die Havelseen: Marika Rökk, Lida Baarova, Heinrich George. Der wurde 1946 wegen seiner Unterstützung für das NS-Regime in ein sowjetisches Lager deportiert, wo er starb.

Außer den Anwohnern haben auch Filme und Schlager den Wannsee zum Mythos werden lassen. Trotzdem ist Conny Froboess, der Sängerin des Badehosen-Lieds, kein Kapitel im Buch gewidmet. Sie hat dort nicht gewohnt. Sie musste „raus zum Wannsee“ fahren. Ganz wie im Lied.

Ab heute im Handel: Harry Balkow-Gölitzer, Rüdiger Reitmeier, Bettina Biedermann, Jörg Riedel: „Prominente in Berlin-Wannsee und ihre Geschichten“, Bebra Verlag, 300 Seiten, circa 100 Abbildungen, 19,90 Euro.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false