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Berlin: Der rot-rote Fahrplan bis 2011

Arbeit, Bildung, soziale Gerechtigkeit – das sind die Ziele von SPD und PDS Die wichtigsten Beschlüsse aus neun Koalitionsrunden im Einzelnen

SPD und Linkspartei/PDS haben sich in neun Verhandlungsrunden über die Fachthemen im Koalitionsvertrag auseinandergesetzt. Die Ergebnisse im Überblick.

ARBEIT

Statt kurzfristiger Ein-Euro-Jobs werden in Berlin 2500 langfristige und sozialversicherungspflichtige Stellen durch eine kombinierte Finanzierung aus EU-Geldern und Landeszuschüssen geschaffen. Diese sind für Arbeitssuchende ab 55 Jahren und Langzeitarbeitslose vorgesehen. Außerdem wollen sich SPD und PDS beim Bund dafür einsetzen, dass diese sozialversicherungspflichtige öffentliche Arbeit „bundesrechtlich“ geregelt wird.

SCHULE

Mit einem Pilotversuch sollen Gemeinschaftsschulen erprobt werden. Dazu stehen zwischen 2008 und 2011 rund 22 Millionen Euro bereit, die für Umbauten und zusätzliches Personal ausgegeben werden können. Die Jahrgangsmischung in der Schulanfangsphase wird nicht schon 2007, sondern erst ab Sommer 2008 verbindlich. Die Zahl der Referendariatsstellen wird in den Jahren 2008 und 2009 um jeweils 200 erhöht.

JUGEND UND FAMILIE

Wer übernächstes Jahr ein Kind bekommt, wird für die Betreuung der Drei- bis Fünfjährigen nichts mehr zahlen müssen: Ab 2011 sind alle drei Kindergartenjahre gebührenfrei. Die Elternbeiträge für das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung sind bereits ab 2007 gestrichen – das wurde bereits zuvor beschlossen. Das vorletzte Kitajahr kostet ab 2010 nichts mehr – das betrifft die dann Vierjährigen. Ab 2011 zahlen auch die Dreijährigen nichts mehr. Zudem soll es künftig auch für nicht berufstätige Familien leichter werden, aus sozialen Gründen einen Ganztagsplatz in der Kita zu bekommen. Der Sprachtest vor der Einschulung wird ein halbes Jahr vorverlegt. Wenn Defizite auffallen, erhalten die Kinder einen ganzjährigen Deutschkurs.

STADTENTWICKLUNG/VERKEHR

Rot-Rot lehnt weitere Verkäufe landeseigener Wohnungsunternehmen ab. Lediglich kleinere Bestände könnten verkauft werden, um verschuldete Gesellschaften zu retten. Ein Verkauf der Gewerbeliegenschaftsgesellschaft GSG wird geprüft. Der Senat will mit dem Bund darüber verhandeln, dass der Weiterbau der so genannten Kanzler-U-Bahn U55 verschoben wird, ohne dass Berlin Bundesmittel zurückzahlen muss. Für eine Beteiligung des Landes an Bau und Betrieb des geplanten Stadtschloss-Neubaus gibt es keine Zusagen. Die City-West, rund um den Bahnhof Zoo, das Kulturforum und der Bereich um den neuen Hauptbahnhof sollen ausgebaut werden. Die Flughafengelände in Tempelhof und Tegel sollen nach Schließung der Airports nicht komplett bebaut, sondern als ökologisches Erholungsgebiet genutzt werden. Der Stadtring (A 100) wird bis Treptower Park verlängert. Der Neubau eines Kongresszentrums als ICC-Ersatz wird geprüft.

INTEGRATION/FLÜCHTLINGE

SPD und PDS wollen eine Bundesratsinitiative zur Einführung des kommunalen Wahlrechts für Nicht-EU-Bürger initiieren. Künftig sollen mehr Migranten in den öffentlichen Dienst. Ihr Anteil soll so groß werden wie er in der Berliner Bevölkerung ist. Dafür will Rot-Rot die Einstellungskriterien überprüfen. Die Haftzeiten in den Abschiebegefängnissen sollen verkürzt werden. Alleinerziehende mit Kindern unter 14 Jahren sollen nicht mehr inhaftiert werden.

GESUNDHEIT/SOZIALES

Im öffentlichen Gesundheitsdienst wird ein Qualitätsmanagement eingeführt. Die Präventionsarbeit soll sich am jeweiligen Bedarf in den Stadtteilen orientieren. Rot-Rot will ein Nichtraucherschutzgesetz auflegen, das ein Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden und Krankenhäusern und abgetrennte Nichtraucherzonen in Gaststätten vorsieht. Die Wiedereingliederung für behinderte Menschen soll verstärkt auf ambulante Hilfe umgestellt werden wie zum Beispiel betreute Wohngemeinschaften statt teurere Heimunterkünfte. Vivantes und Charité bleiben in öffentlicher Trägerschaft. Um Kinder besser zu schützen, sollen verbindliche Vereinbarungen zwischen Polizei, Schulen, Jugendämtern und Gesundheitsdiensten unterzeichnet werden. In jedem Bezirk soll es einen Kinderschutzbeauftragten geben. Außerdem wird ein Sozialpass für sozial Schwache eingeführt. Das Dokument soll den verbilligten Besuch von Museen oder Theatern gestatten. Am Sozialticket für den öffentlichen Nahverkehr wird festgehalten.

INNERES

Stellenstreichungen bei der Polizei soll es nicht geben. Zurzeit gibt es 23 000 Mitarbeiter. Die geplante Einführung von blauen Dienstuniformen wird es aus Kostengründen nicht geben. SPD und PDS sind gegen eine flächendeckende Videoüberwachung auf Straßen und Plätzen. Im öffentlichen Nahverkehr soll die Videoüberwachung verbessert werden: Die Aufzeichnungen sollen 24 Stunden lang gespeichert bleiben. Eine Vertrauensperson soll künftig umfassende Akteneinsicht beim Verfassungsschutz erhalten. Gesetzlich erlaubt werden soll die Ortung von Mobiltelefonen von suizidgefährdeten oder vermissten Personen.

JUSTIZ

Zur Prävention von Jugendkriminalität will Rot-Rot auch in dieser Legislaturperiode einen runden Tisch mit Vertretern von Vereinen, Schulen, Jugend-, Justizbehörden und Polizei weiterführen. Außerdem sollen nur noch ganz bestimmte Familiengerichte in Berlin juristisch zuständig sein für die Verfolgung von häuslicher Gewalt und Zwangsehen. Bei der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität will Rot-Rot die Verfahrensdauer verkürzen: Zwei weitere Wirtschaftsstrafkammern sollen beim Landgericht eingerichtet werden. Verständigt hat sich Rot-Rot darauf, bis 2011 die Justizvollzugsanstalt Großbeeren zu bauen.

PERSONAL

Auch nach dem Auslaufen des Solidarpaktes 2009 sollen jährlich 150 Millionen Euro beim Personal eingespart werden. Dieser Betrag wird von Angestellten, Arbeitern und Beamten getragen. Dafür soll das Gehalt stärker leistungsbezogen vergütet werden. Beförderungen nach Lebensalter sollen eingeschränkt werden.

SPORT/OLYMPIA

Rot-Rot strebt eine Olympiabewerbung für 2020 an und will sich gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund für Berlin als Austragungsort stark machen. Mit ins Boot holen will Wowereit private Investoren. Im Bereich des Freizeitsports verständigten sich SPD und PDS darauf, das Schul- und Sportstättensanierungsprogramm fortzusetzen.

BEZIRKE/SENAT

Die Berliner Verwaltung soll weiterhin zweistufig in Bezirke und Senatsverwaltung aufgeteilt bleiben. Das Modellprojekt der so genannten Bürgerhaushalte, bei denen Bürger bei der Aufstellung des Bezirksetats mitreden dürfen, soll neben Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick auf andere Bezirke ausgeweitet werden. Die Zahl der Stadträte wird ab 2011 je Bezirksamt um ein Mitglied verringert. sib/sve/lvt

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