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Berlin: Der Schultag danach: Einfach weitermachen ist unmöglich Mit Schweigeminuten und Diskussionen wollen Lehrer das Drama von Erfurt mit den Kindern verarbeiten

Von Sigrid Kneist Das Gedenken an die Opfer des Amoklaufs im Erfurter Gutenberg-Gymnasium wird heute im Mittelpunkt des Unterrichts an den Berliner Schulen stehen. Es wird Gedenkminuten geben, Versammlungen vor der Schule oder Diskussionen im Klassenraum.

Von Sigrid Kneist

Das Gedenken an die Opfer des Amoklaufs im Erfurter Gutenberg-Gymnasium wird heute im Mittelpunkt des Unterrichts an den Berliner Schulen stehen. Es wird Gedenkminuten geben, Versammlungen vor der Schule oder Diskussionen im Klassenraum. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der DGB rufen für 11.05 Uhr zu einer Gedenkminute auf, dem will auch die Schulverwaltung folgen (Seite 10).

„Die Schüler haben ein Bedürfnis, darüber zu reden. Und auch in den Lehrerzimmern werden die Diskussionen geführt werden“, sagte gestern Schulstaatssekretär Thomas Härtel. Je nach Alter der Schüler müsse auf das Thema entsprechend eingegangen werden. Wichtig sei , dass dies nicht nur einmal geschieht, sondern mit Nachhaltigkeit. Zu einem zentralen Gedenken ruft die Schulverwaltung bisher nicht auf.

„Ich kann mir keine Schule vorstellen, die am Montag zum normalen Unterricht übergehen wird“, sagte Dieter Haase, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die Schulen sollten individuell entscheiden, wie sie mit dem Thema umgehen werden. Denkbar sei unter anderem, dass sich Schüler und Lehrer zum Gedenken auf dem Hof versammeln. Schüler aller Altersgruppen müssten angesprochen werden. Auch den jüngsten, von den Ereignissen geschockten Schülern müsse man helfen, die Ereignisse zu verarbeiten. Viele Lehrer sind nach Haases Angaben unsicher, wie sie angemessen reagieren können. Dies habe er aus Anrufen erfahren. Manche Pädagogen seien jetzt noch ratloser als zuvor, wie sie mit gewaltbereiten und verhaltensauffälligen Schülern umgehen sollen. Eine betroffene Lehrerin, mit einem äußerst aggressiven Schüler konfrontiert, habe ihm gesagt: „Ich weiß nicht, wie ich mit ihm umgehen soll. Ich schaue da jetzt mit ganz anderen Augen hin.“ Die Angst ist greifbar.

Wie der erste Schultag nach dem Erfurter Amoklauf genau aussehen wird, das weiß die Weißenseer Hauptschulrektorin Karla Werkentin noch nicht. Sie werde sich früh am Morgen mit ihren Kollegen besprechen. Eine Gedenkminute sei durchaus vorstellbar. In ihrem Unterricht will sie darauf warten, wie die Schüler sie ansprechen werden. Harald Mier, Direktor des Zehlendorfer Schadow-Gymnasiums, ist ebenfalls noch unschlüssig, wie der Tag aussehen soll. „Natürlich werden die Lehrer mit ihren Schülern reden. Die Kinder müssen ein Stück weit abgeholt werden“, sagt Mier. Ob es dazu eines äußeren Rituals wie einer Schweigeminute bedarf, hat er noch nicht entschieden. Klar ist in seinen Augen aber: „Es ist ein Einzelfall, vor dem man sich nicht schützen kann.“

Die Berliner Schulen werden auch am Freitag, an dem in Erfurt die Trauerfeier für die 17 Opfer stattfinden wird, der Toten gedenken. Für diesen Tag hat Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel zu einer bundesweiten Schweigeminute aufgerufen.

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