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Berlin: „Der Senat ist total gescheitert“

Opposition fordert jetzt weitere Sparvorschläge

Es wird eine spannende Sitzung, wenn das neu gewählte Abgeordnetenhaus am Donnerstag erstmals zusammenkommt. Nach der Konstituierung des Parlaments wird es vor allem um die Folgen des Verfassungsgerichtsurteils gehen. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und sein Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) müssten jetzt sagen, wie sie sich die Berliner Politik vorstellen, sagte CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger. Wowereit müsse eine Regierungserklärung abgeben. Das Urteil sei „bitter“, sagte Pflüger – ein schwerer Schlag für Berlin. Der Senat sei „mit seiner Klage total gescheitert“, denn „es ist weder gelungen, das Gericht noch Bund und Länder von der Notlage Berlins zu überzeugen“. Die CDU-Fraktion sei zu einer „kritisch-konstruktiven Begleitung der notwendigen Maßnahmen bereit“, wenn der Senat vernünftige Vorschläge mache. Von sich aus wollte Pflüger Vorschläge nicht machen.

FDP-Fraktionschef Martin Lindner legte derweil eine Liste von Ideen vor. Beginnend mit den Wohnungsbaugesellschaften müsse der Senat öffentliches Vermögen privatisieren. Bis zu fünf Milliarden Euro könne das Land einnehmen, wenn es seinen Wohnungsbesitz verkaufe. Die Zeit dränge allerdings, so der FDP-Politiker. Denn zurzeit sei das Interesse amerikanischer Investoren an Immobilien in Deutschland noch stark. Verkaufen würde Lindner auch die Stadtreinigung, die Hafen- und Lagerbetriebe Behala, den Krankenhausbetrieb Vivantes und auf mittlere Sicht die Verkehrsbetriebe. Die Wasserbetriebe könnten umstrukturiert werden: Brunnen und Leitungen sollten im öffentlichen Besitz bleiben, das Unternehmen könne dann völlig privatisiert werden.

Der Senat solle das „mutlose Pseudosanieren“ bleiben lassen und eine Verwaltungsreform ins Werk setzen. So könnten 30 000 Stellen im öffentlichen Dienst gestrichen werden und eine schlanke Verwaltung entstehen, die mit weniger als 100 000 Bediensteten auskomme. Vor allem mit Blick auf Kultur und Wissenschaft sei „hohe Staatskunst“ gefragt: „Berlin muss sich an das halten, was für die Vielfalt der Stadt entscheidend ist. Wir müssen aufpassen, dass diese Stadt attraktiv für Unternehmer, Touristen und die Berliner bleibt“, sagte Lindner, der wie FDP- Haushaltsexperte Christoph Meyer einen Nachtragshaushalt fordert.

Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann nannte das Urteil eine „bittere Pille für die Stadt und eine schallende Ohrfeige für den Senat“, weil dieser in seiner Klage nicht dargelegt habe, wie er sich den weiteren Konsolidierungskurs vorstelle. Jetzt müssten alle Möglichkeiten zur Steigerung der Einnahmen geprüft werden. Die Grünen schlagen eine Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes vor. Dieser liegt in Berlin bei 410 Prozent, in Hamburg zum Beispiel bei 470 Prozent. Auch Privatisierungen von Landesunternehmen müssten diskutiert werden. Die Grünen fordern seit Langem eine Teilprivatisierung bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG). Außerdem wollen sie eine Weiterführung des Solidarpaktes über 2009 hinaus, der dem Land Einsparungen von jährlich 500 Millionen Euro bringt. Der Senat müsse unverzüglich ein Sanierungsprogramm vorlegen. sib/wvb.

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