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Berlin: Der V-Mann flog auf

Ein V-Mann in der Neo-Nazi-Szene ist offenbar durch mangelnde Absprachen zwischen Berliner und Brandenburger Sicherheitsbehörden aufgeflogen. Brandenburgs Sicherheitsbehörden sehen dadurch ihre Ermittlungen gegen die rechtsradikale Szene gefährdet und sind über ihre Berliner Kollegen verstimmt.

Ein V-Mann in der Neo-Nazi-Szene ist offenbar durch mangelnde Absprachen zwischen Berliner und Brandenburger Sicherheitsbehörden aufgeflogen. Brandenburgs Sicherheitsbehörden sehen dadurch ihre Ermittlungen gegen die rechtsradikale Szene gefährdet und sind über ihre Berliner Kollegen verstimmt. Der 27-jährige Cottbuser S. war in der Nacht zum vergangenen Sonntag bei einer Razzia in einem Treffpunkt der Neonazigruppe „Weiße Arische Bruderschaft“ in Marzahn gemeinsam mit mehreren Gesinnungsgenossen festgenommen worden. Die Razzia führte ein Spezialeinsatzkommando der Berliner Polizei durch, das von der Spitzeltätigkeit des S. für den Brandenburger Verfassungsschutz allem Anschein nach nichts wusste.

Ein Sprecher des Brandenburger Innenministeriums warf den Berliner Sicherheitsbehörden am Sonnabend vor, die Razzia „zu keinem Zeitpunkt mit den zuständigen Behörden des Landes Brandenburg abgestimmt und koordiniert zu haben“. Eine Meldung des Magazins „Focus“, wonach der Spitzel S. der „Chef“ der Neo-Nazi-Band „White Aryan Rebels“ sei, wies der Sprecher jedoch als „nicht zutreffend“ zurück.

Nach Tagesspiegel-Informationen soll S. bei der in wechselnden Besetzungen spielenden Band lediglich am Vertrieb der CD „Noten des Hasses“ beteiligt sein. Kopf der Band und für die Texte verantwortlich sei dagegen Lars B., der in der Berliner Neonazi-Szene seit Jahren eine führende Rolle spielt und bei der Razzia ebenfalls festgenommen wurde.

In Liedtexten auf CDs der „White Aryan Rebels“ wird zum Mord an Prominenten aufgerufen, darunter Michel Friedman, Alfred Biolek und Rita Süssmuth. Hätte der aufgeflogene V-Mann mitgewirkt, wäre dies strafwürdig gewesen. An einer Straftat dürfen sich V-Leute aber nicht beteiligen; inwieweit eine Mitarbeit am Vertrieb ebenfalls strafbar wäre, gilt als juristisch umstritten.

Ein Ziel der Razzia in dem Neo-Nazi-Treffpunkt – wo wohl jene Nazi-Band auftreten sollte – war es auch, mehrere tausend Exemplare der CD sicherzustellen, die als zweite Auflage verkauft werden sollten. Den gleichen Zweck hatten weitere Durchsuchungen von Wohnungen und Autos in Berlin/Brandenburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen. Schon die erste Auflage der CD fand reißenden Absatz in der Szene. Beschlagnahmt werden konnten aber nur Cover- und Druckvorlagen und weiteres Material.

Die Brandenburger Sicherheitsbehörden sehen nun ihre weiteren Ermittlungen durch die Festnahme von S. und dessen Enttarnung durch die Veröffentlichung in „Focus“ gefährdet. Sie vermuten eine Indiskretion auf Berliner Seite. Ihre Recherchen seien gegen die eigentlichen Hintermänner und Großverdiener rechtsextremistischer Tonträgerstrukturen gerichtet gewesen, heißt es in einer Erklärung des Brandenburger Innenministeriums. Dort hätte man vermutlich eher noch gewartet, weiter aufgeklärt und erst zugeschlagen, wenn man auch der CD’s habhaft geworden wäre. Nach der Verhaftung von S. sei dieser aber angehalten worden, sein Wissen und seine Spitzeltätigkeit im Verhör zu offenbaren, hieß es. Aus Berliner Sicherheitskreisen war am Sonnabend keine Stellungnahme zu erhalten. how

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