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Berlin: Der Verzicht auf Fugmann-Heesing ist ein Fehler - auf dem Plenum ist keine Korrektur zu erwarten (Analyse)

Die Berliner SPD hat einen schweren Fehler gemacht. Sie hat die Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing entmachtet.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Berliner SPD hat einen schweren Fehler gemacht. Sie hat die Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing entmachtet. Ihre beste Fachkraft. Keine andere Persönlichkeit im SPD-Landesverband genießt in Berlin, aber auch bundesweit, so hohes Ansehen wie Fugmann-Heesing. Ein Ansehen, das ihrer Tüchtigkeit und Beharrlichkeit in Haushalts- und Finanzfragen entspricht. Bei ihrem Amtsantritt 1996 hat sie die extremen Finanznöte Berlins erkannt, öffentlich benannt und anschließend kompromisslos und ideenreich bekämpft. Das nötigte Achtung ab, bei Freund und Feind.

Dass die SPD Fugmann-Heesing abservierte, ist aber nicht nur Machtkämpfen geschuldet und jener elenden Sorglosigkeit, mit der die Berliner SPD seit Jahrzehnten mit ihrem Führungspersonal umgeht. Wer die neue Notlage der Sozialdemokraten allein dem angeblich intriganten Spiel des SPD-Landeschefs Peter Strieder anlastet, greift zu kurz. Wer sich nur daran erinnert, dass schon früher Leute wie Schütz, Stobbe, Riebschläger brutal verdrängt worden sind, versteht noch nicht, was in den letzten Tagen geschehen ist. Und er übersieht, dass Fugmann-Heesing aus Westfalen stammt, wo viele unter Dickschädeligkeit leiden.

Zum einen hat die SPD das - vielfach unterschätzte - Problem, nur noch eine 20-Prozent-Partei zu sein. Sie kann froh sein, dass sie noch mitregiert, und sie muss sich im Ergebnis der Parlamentswahl mit drei Regierungsämtern zufriedengeben. Das schürte die Konkurrenz zwischen denen, die etwas werden wollten. Die Knappheit der Senatsposten heizte auch die innerparteiliche Debatte darüber an, welche Politikfelder der SPD in den nächsten Jahren bessere Chancen eröffnen könnten. Diese Frage wurde mit dem bemerkenswert deutlichen Votum im Landesausschuss beantwortet: Die SPD will nicht mehr nur konsolidieren, sie will auch gestalten. Sie kehrt zurück zu ihren Wurzeln: den Betreuungs- und Stadtentwicklungsressorts.

Die SPD ergatterte sogar ein Traumressort: Bauen und Wohnen, Verkehr und Umweltschutz, Stadtentwicklung. Da konnten viele, die Fugmann-Heesing durchaus freundlich gesonnen sind, nicht widerstehen. Und wer glaubt, auf dem Landesparteitag am Montag könnte diese Entscheidung wieder gekippt werden, der irrt. In einem chaotischen Entscheidungsprozess wurden die Weichen neu gestellt. Nun ist der Zug abgefahren. Gäbe es die elende Quotenschieberei nicht, der sich die SPD bei jeder Personalentscheidung bedient, hätte man auf die linke Ost-Frau Gabriele Schöttler als Arbeitssenatorin verzichten können. Das hätte Platz für Fugmann-Heesing geschaffen, allerdings nur unter Verzicht auf das superbe Bau- und Verkehrsressort. Aber es wäre ein gangbarer Weg gewesen. Zu spät!

Der Schaden, der daraus resultiert, ist groß und lässt sich kurzfristig auch nicht reparieren. Die Sozialdemokraten können den Schaden nur begrenzen, indem sie jetzt sorgfältig mit der scheidenden Finanzsenatorin umgehen und ihr adäquate politische Aufgaben übertragen. Das darf aber keine einseitige Verpflichtung sein: Auch Annette Fugmann-Heesing ist nicht ohne; ihr Politikstil, ihr Teamverständnis ist dringend verbesserungsbedürftig. Sie muss nicht immer alles besser wissen. Bleibt sie bei ihrer geliebten "One-woman-Show", wird sie es auch in Zukunft bitter schwer haben. Und zwar nicht nur in der Berliner SPD.

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