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Berlin: Der Wahlstreit

Läuft die Aufstellung der Schöffenlisten in Berlin „dilettantisch“? Zu diesem Vorwurf gibt es Widerspruch.

Berlin - Am Montag ist der Prozess um den Tod von Jonny K. wegen des Verhaltens eines Schöffen geplatzt, nun sind der Bundesverband ehrenamtlicher Richterinnen und Richter und die Berliner Bezirke wegen des Ablaufs der diesjährigen Schöffenwahlen heftig aneinandergeraten. Aus Sicht des Verbandsvorsitzenden Hasso Lieber wurden die Wahlen für die nächste Amtsperiode von 2014 bis 2018 „dilettantisch organisiert“.

Laut Hasso Lieber hat der Innensenator viel zu kurze Fristen für die Aufstellung der Listen festgelegt. So sollten diese schon zum 31. Dezember 2012 geschlossen werden, während bundesweit die Frist zwischen Januar und März abgelaufen sei. Dadurch habe man „die bundesweite öffentliche Aufmerksamkeit für diese Wahlen nicht genutzt“. Viele Interessenten würden erst jetzt mitbekommen, dass es eine solche Wahl gebe.

Bei der Justizverwaltung und in den Rathäusern, wo die bezirklichen Vorschlagslisten erstellt werden, sieht man dies anders. 6000 Schöffen braucht die Justiz in Berlin. Die Listen müssen aber doppelt so viele Bewerber enthalten wie benötigt werden. Laut Justizverwaltung haben sich diesmal deutlich mehr als 6000 Freiwillige gemeldet. Zur Not kann die Justiz auch Personen zwangsverpflichten.

Weil Bewerber fehlten, hätten einige Bezirke die Frist für die Aufstellung der Listen verlängert, sagt Lieber. Andere hätten die unvollständigen Listen einfach mit Namen aus den Einwohnermelderegistern aufgefüllt. Jene Bewerber, die sich schon in die Listen eingetragen hätten, bekämen bis zur Bestätigung ihrer Wahl oder Nichtwahl Ende dieses Jahres zwischenzeitlich keinerlei Nachricht. Das verunsichere viele Interessenten, beklagt Lieber.

Der Jurist, der von 2007 bis 2011 Staatssekretär für Justiz in Berlin war, kritisierte auch, dass viele Bezirke fast nur im Internet zum Schöffenamt aufgerufen hätten. Das sei zu wenig. Hinzu komme, dass in den Listen alle Bewerber aufgenommen werden müssten, die sich melden. In Berlin würden aber Bewerber nach Hause geschickt – das sei unzulässig. Wer letztlich auf die Listen kommt, wird von den Bezirksverordnetenversammlungen entschieden. An den Amtsgerichten sortieren die Schöffenwahlausschüsse die Hälfte der Bewerber wieder aus. Nach welchen Kriterien, ist ihnen überlassen. Lieber rügt, dass es in Berlin keine Verwaltungsvorschrift für die Schöffenwahlen gibt, die wichtige Einzelheiten regelt.

Die Leiterin des Wahlamtes von Friedrichshain-Kreuzberg, Sieglinde Pölitz, widersprach der Kritik vehement: „Es lief doch alles rund“. Auch in anderen Bezirken soll die Rekrutierung problemlos gelaufen sein. Pölitz sagt, ihr Bezirk habe 602 Bewerber vorgeschlagen, man habe keine Namen auffüllen müssen. 57 Prozent der Bewerber hätten sich nach einer Werbekampagne von selbst gemeldet, alle weiteren seien nach einem Rundbrief noch hinzugekommen. sc/sik/CS

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