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Krank im Klassenzimmer: 650 Berliner Lehrer haben seit über einem Jahr nicht mehr unterrichtet.

© dpa / picture-alliance

Wachsendes Problem an Schulen: 1400 Lehrer in Berlin dauerhaft krank

In Berlin sind immer mehr Lehrer dauerhaft krank. Derzeit sind knapp 1400 Lehrer nicht arbeitsfähig, 650 davon fallen schon seit über einem Jahr aus. Ziel ist es, den Betroffenen neue Stellen außerhalb des Klassenzimmers anzubieten. Dabei kommt es zu kreativen Lösungen.

Trotz Gesundheitsmanagement und aufwendiger Lehrerbefragungen ist kaum Besserung in Sicht: Die Zahl der langzeiterkrankten Lehrer liegt aktuell bei knapp 1400. Immer mehr Pädagogen bewerben sich aber um eine Tätigkeit in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes. Dies geht aus einer Kleinen Anfrage des grünen Bildungsexperten Özcan Mutlu hervor. Da die durchschnittlichen Gehaltskosten eines angestellten Lehrers laut Bildungsverwaltung rund 69 000 Euro im Jahr betragen, beziffern sich die zusätzlichen Ausgaben theoretisch auf bis zu 95 Millionen Euro. Allerdings werden nicht für alle Langzeitkranken neue Vollzeitkräfte eingestellt.

Besonders gravierend ist, dass 650, also knapp die Hälfte der Langzeitkranken, ihr volles Gehalt beziehen, obwohl sie schon über ein Jahr lang nicht mehr unterrichten. Nach Beamtenrecht dürfte dies eigentlich gar nicht vorkommen. Vielmehr müssten die Amtsärzte schon nach wenigen Monaten entscheiden, ob die betroffene Kraft – zumindest vorübergehend – in den Vorruhestand geschickt werden müsste. Die Bildungsverwaltung hatte sich zwischenzeitlich bemüht, zusätzliche Amtsarztkapazitäten von der Gesundheitsverwaltung zu bekommen. Offenbar gibt es aber noch keinen durchschlagenden Erfolg. Zum Vergleich: Angestellte müssen schon nach sechs Krankheitswochen mit geminderten Bezügen leben.

Die Mehrzahl der dauerkranken Lehrkräfte, nämlich 570, kommt aus den Grundschulen, 360 aus Sekundarschulen, knapp 200 aus den Gymnasien, 150 aus Berufs- und 100 aus Sonderschulen. Weitere 166 befinden sich im Mutterschutz, so dass insgesamt über 1500 Lehrer ersetzt werden müssen.

Allerdings gibt es Fortschritte im Bemühen, Dauerkranke, die eine Tätigkeit außerhalb des Klassenzimmers brauchen, zu reaktivieren. Aus der Antwort auf Mutlus Anfrage geht hervor, dass 110 Lehrer in das neue „Projekt der beruflichen Neuorientierung“ aufgenommen wurden. Die Zahl der Interessenten war nach Angaben von Bildungs-Staatssekretär Mark Rackles (SPD) noch „wesentlich höher“. Viele von ihnen mussten aber abgelehnt werden, weil sie die Voraussetzungen nicht erfüllten. Zu den Voraussetzungen gehört, dass dem betreffenden Pädagogen vom Amtsarzt eine dauernde Dienstunfähigkeit für seinen Berufs attestiert wurde. Außerdem muss es sich um eine Krankheit handeln, die den Einsatz außerhalb des Schuldienstes erlaubt.

Bei 44 Lehrern gelang bislang eine Vermittlung. Sie arbeiten inzwischen überwiegend innerhalb der Senatsverwaltung für Bildung und kümmern sich um spezielle Schulprojekte oder unterstützen die Schulaufsicht, die Schulpsychologischen Beratungsstellen oder die Schulpraktischen Seminare. Es kommt sogar vor, dass sie als Koordinatoren für Gesundheit und Arbeitsschutz fungieren. Allerdings stellte sich auch in etlichen Fällen erst im Nachhinein heraus, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu stark für eine weitere Berufstätigkeit waren, so dass die Lehrer in den Vorruhestand geschickt werden mussten. Ein kleiner Teil der vermittelten Lehrkräfte kommt in anderen Behörden wie Bezirksämtern zum Einsatz.

Angesichts der vielen Langzeitkranken hatten die Lehrervertretungen immer wieder die Gewährung einer Altersermäßigung gefordert, weil die älteren Lehrer besonders stark von den Langzeiterkrankungen betroffen sind. Inzwischen ist klar, dass der Senat die Altersermäßigung im Tausch mit den Arbeitszeitkonten wieder einführen will. Allerdings erst ab Sommer 2014.

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