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Berlin: Dicke Luft in Potsdam

Hohe Feinstaubbelastung: Fraktion verklagt Stadt

Potsdam - In der Landeshauptstadt atmen die Bewohner im Vergleich zu anderen deutschen Städten überdurchschnittlich viel Feinstaub, aber auch andere Schadstoffe ein. Das belegen neue Vergleichsstudien der Weltgesundheitsorganisation WHO, aber auch des Umweltbundesamts. Danach findet sich Potsdam in der Spitzengruppe der deutschen Städte mit besonders gesundheitsschädlicher Luftverschmutzung.

In dieser Situation hat die linksalternative Stadtfraktion „Die Andere“ jetzt eine Klage gegen die Stadt angekündigt, weil die Verwaltung gegen die ungesunde Luft nichts unternehme. Doch das Rathaus mit dem für Verkehr zuständigen Grünen-Stadtentwicklungsdezernenten Matthias Klipp weist die Vorwürfe zurück.

Dabei sind die Zahlen eindeutig. So ist laut Umweltbundesamt in der Zeppelinstraße der geltende Grenzwert für Feinstaub in diesem Jahr schon 39-mal überschritten worden – erlaubt sind 35-mal. Nur in Gelsenkirchen, Leipzig, München, Herne und Halle sind die Grenzwerte in diesem Jahr öfter verletzt worden. Selbst in Berlin kommt der Mariendorfer Damm nur auf 33 Überschreitungen.

Im vergangenen Jahr hatte es in der Zeppelinstraße 37 Überschreitungen gegeben – und 40 in der Großbeerenstraße. Dort sind die Grenzwerte in diesem Jahr bisher 25-mal verletzt worden. Jüngst hatte zudem eine weltweite Untersuchung der WHO zur Luftverschmutzung in Städten ergeben, dass Potsdam zusammen mit Duisburg, Augsburg und Erfurt in der Gruppe der deutschen Städte mit dem sechsthöchsten Jahresmittel von 25 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter liegt. Die Daten dafür stammen allerdings aus dem Jahr 2008. Feinstaub entsteht durch Emissionen von Autos oder als Folge von Bodenerosion sowie Baustellen und begünstigt das Auftreten von Atemwegs- und Herzkreislauferkrankungen.

Ebenso problematisch ist in Potsdam die Belastung mit Stickstoffoxid (NO2). Auch hier wird wie 2010 mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Großbeeren- und der Zeppelinstraße der vorgeschriebene Jahresmittelgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten, wie Daten aus dem Landesumweltamt belegen. Das Gas entsteht als Verbrennungsrückstand und greift Atemschleimhäute an.

So hoch sind die Werte, dass Potsdam die EU-Umweltbehörde gebeten hat, der Stadt noch bis 2015 Zeit zu geben, um die NO2-Grenzwerte einzuhalten. Dabei sollen Maßnahmen wie bessere Ampelsteuerungen für „grüne Wellen“ helfen. Diese finden sich im Luftreinhalteplan, den die Stadt gerade mit dem Landesumweltamt überarbeitet. Eine Umweltzone wie in Berlin lehnt die Stadtverwaltung aber ab: Wegen der besonderen Verkehrslage müsste ganz Potsdam so eine Zone sein.

Eine Antwort der EU – die theoretisch auch Strafzahlungen verhängen könnte – auf den Wunsch nach mehr Zeit steht noch aus. Darauf will die Fraktion „Die Andere“ nun nicht mehr warten und hat diese Woche angekündigt, gemeinsam mit Anwohnern der Zeppelin- und der Großbeerenstraße die Stadt zu verklagen, um Sofortmaßnahmen gegen die Feinstaubbelastung zu erzwingen.Henri Kramer

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