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Berlin: Die 90-Millionen-Euro-Frage

Gestern tagten die Gläubiger des gescheiterten Jungunternehmers Windhorst

Die Spuren von Lars Windhorst sind dünn geworden. Die Homepage der Windhorst AG, Am Potsdamer Platz 1, gehört einem anderen, das Telefon meldet keinen Anschluss unter dieser Nummer. Lars Windhorst, 28 Jahre alt, Geschäftsmann seit seinem 16. Lebensjahr und einst Symbol eines erfolgreichen Jungunternehmers, ist ein Fall für die Justiz, Abteilung Insolvenzen. Gestern war Gläubigerversammlung am Amtsgericht Charlottenburg. Die Forderungen einstiger Geschäftspartner und Geldgeber belaufen sich auf über 90 Millionen Euro.

Allein der Klinikbetreiber Ulrich Marseille verlangt nach eigenen Angaben 10,4 Millionen Euro, die er Windhorst im März 1991 geliehen habe. Marseille verlangte die Einsetzung eines Gläubigerausschusses, der die Arbeit des Insolvenzverwalters überwachen soll – vergeblich; die anderen Gläubiger schlossen sich der Forderung nicht an. Nach Angaben von Insolvenzverwalter Udo Feser gibt es auch nur wenig zu verteilen: Die Unternehmen von Windhorst – Finanzdienstleister, Beratungs- und IT-Firmen – seien allesamt insolvent, Immobilien würden zwangsversteigert. „Verwertungsarbeiten sind nicht durchzuführen“, sagt der Insolvenzverwalter.

Windhorst hat das Verfahren selbst beantragt. Es gibt ihm die Chance, nach – in der Regel – sechs Jahren für schuldenfrei erklärt zu werden. Eine Regelung, von der auch andere Privatleute profitieren und die Insolvenzverwalter Feser aus Gläubigersicht für „rechtspolitisch außerordentlich bedenklich“ hält.

Feser wird die Forderungen der Gläubiger in den nächsten Wochen prüfen. Windhorsts Anwalt Michael Naschke erwartet, dass zwar nicht alle Forderungen berechtigt sind; aber er geht von „einem deutlich zweistelligen Millionenbetrag“ aus. Viel hänge davon ab, wie viel Mühe die Gläubiger sich damit machen werden, ihre Ansprüche zu belegen. Auch er sagt, dass es bei Windhorst nichts zu holen gebe. Er habe den Gläubigern lediglich die Zahlung von 1,91 Prozent ihrer Forderungen anbieten können. Das Geld – rein rechnerisch gut 1,7 Millionen Euro – komme von einem Geschäftsfreund, der Windhorst unterstützen wolle. Gläubiger Marseille misstraut der Offerte und vermutet, dass Windhorst auf Druck noch andere Geldquellen auftun und mehr zurückzahlen könnte. Windhorst selbst ist für die Medien derzeit nicht zu sprechen. Sein Anwalt sagt, er arbeite jetzt als Geschäftsführer einer Unternehmensberatung in Berlin.

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