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Berlin: Die Bahn mag’s luftig

Der Konzern will das Dach am Hauptbahnhof weiterhin nicht verlängern. Er fürchtet eine Sperrung aller Gleise – und wohl auch die Kosten.

Kurz oder lang: Beim Dach des Hauptbahnhofs bleiben die Bahn und der Architekt Meinhard von Gerkan verschiedener Auffassung. Während von Gerkan am Wochenende, wie berichtet, erneut gefordert hat, sein Werk zu vollenden, bleibt die Bahn bei ihrem Nein. Früher hatte sich auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) vehement für das längere Dach eingesetzt. An der Haltung habe sich nichts geändert, sagte Senatssprecher Richard Meng am Montag.

Die Diskussion ist wieder hochgekommen, nachdem in der vergangenen Woche bekannt geworden war, dass die Bahn die Ost-West-Strecke unter dem Dach im Jahr 2015 voraussichtlich exakt 86 Tage sperren muss, um defekte Gleisanlagen zu reparieren. Diese Zeit könne man nutzen, um das Dach zu komplettieren, schlägt von Gerkan jetzt vor.

Die Strecke sei aber nicht komplett dicht, wie es für Bauarbeiten über den Gleisen erforderlich wäre, kontert die Bahn. Zunächst ruhe nur der Fern- und Regionalverkehr auf seinen vier Gleisen; Die Züge der S-Bahn rollten weiter unter dem gemeinsamen Dach. Erst wenn die Arbeiten an den Fern- und Regionalgleisen abgeschlossen sind, will die Bahn, wie berichtet, auch den Verkehr der S-Bahn unterbrechen.

So gibt es für die Fahrgäste immer einen Ersatzverkehr: Während der Sperrung für die Regionalzüge, die wahrscheinlich aus Osten in Friedrichstraße und im Westen im Bahnhof Zoo enden, können die Fahrgäste auf die S-Bahn ausweichen; während der Unterbrechung der S-Bahn ist in Friedrichstraße und Zoo dann ein Umsteigen in die Regionalbahnen möglich; nur zu den Stationen Tiergarten und Bellevue ist ein Ersatzverkehr mit Bussen erforderlich. Eine gleichzeitige Unterbrechung des Verkehrs auf der Stadtbahn für den Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr hält die Bahn für unzumutbar. Auch beim Bau des kurzen Daches gab es darunter keinen Verkehr.

Ohne Vollsperrung wäre ein Dachaufbau nicht möglich, hat bereits im Sommer 2008 ein Gutachten gezeigt, das im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums erstellt worden war. Die besondere Konstruktion des relativ flachen Daches lasse ein Bauen unter Betrieb nicht zu, weil der Raum für Schutz- und Traggerüste über den Gleisen nicht ausreiche. Zudem müssten die Gerüste auf den Gleisen stehen, weil die schlanken Bahnsteigkonstruktionen derartige Gewichte nicht tragen könnten. Zum Montieren des Restdaches müssten alle sechs Gleise gleichzeitig für maximal drei Monate gesperrt werden, hatten die Gutachter ermittelt.

Die Kosten waren damals mit 53 Millionen Euro angegeben worden – knapp 37 Millionen Euro entfielen auf die Bauarbeiten, mit 16 Millionen Euro waren die Folgekosten aus der Störung des Bahnbetriebs veranschlagt.

Für die Gutachter waren der Kostenaufwand und die Verkehrsbeeinträchtigungen „im Verhältnis zu den gestalterischen und funktionalen Vorteilen“ eines längeren Daches „noch vertretbar“. Ein Geldgeber fand sich aber nicht; weder die Bahn noch der Bundestag wollten in die Kasse greifen.

Der damalige Bahnchef Hartmut Mehdorn hatte das Dach von 430 Meter auf 321 Meter verkürzen lassen, um Zeit und Geld zu sparen. Durch die Umplanung ging der Zeitgewinn jedoch verloren, und das kurze Dach wurde sogar teurer, als für die Langversion veranschlagt war. Die bereits produzierten Teile sind jetzt eingelagert. Klaus Kurpjuweit

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